"Die Menschen müssen sich weiter für Demokratie einsetzen"

Interview

Akpan Hogan Ekpo, Professor für Ökonomie und Public Policy an der Universität Uyo in Nigeria, spricht über die Lage der Demokratie in Südafrika 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid.

Dieses Interview ist Teil unseres Dossiers Südafrika: 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid.

Das Ende der Apartheid schürte auf dem gesamten Subkontinent die Hoffnung auf friedliche Befreiung von Unterdrückung und den Übergang zur Demokratie. Wie sehen Sie die Lage der Demokratie in Südafrika heute, 25 Jahre später?

Das Ende der Apartheid bedeutete das Ende der Dekolonisierungsphase auf dem Subkontinent und das Ende weißer Vorherrschaft und einer Politik der Separation in Südafrika. Ob das Ende der Apartheid auch in eine echte Demokratie gemündet ist, bleibt eine große Frage. Ja, es gab Wahlen nach dem Ende des Apartheidregimes, aber Wahlen sind nicht gleichzusetzen mit Demokratie.

Ich denke, 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid bleibt Demokratie ein work-in-progress in Südafrika. Dass die schwarze Mehrheit an der Macht ist, ist nicht gleichbedeutend mit Demokratie. Was Südafrika gezeigt hat, ist, dass sich die Menschen nach dem bewaffneten Freiheitskampf weiter für Demokratie einsetzen müssen, wenn eine Regierung des Volkes, vom Volk, für das Volk der Maßstab sein soll.

Porträt: Prof. Akpan Ekpo

Akpan Hogan Ekpo ist Professor für Ökonomie und Public Policy an der Universität Uyo, Nigeria. Bis vor Kurzem leitete er als Generaldirektor das Westafrikanische Institut für ökonomisches und Finanzmanagement (WAIFEM). In den 1980er Jahren war er Mitglied im Nationalen Komitee gegen die Apartheid (NACAP).

1994 hofften viele Menschen auf ein demokratisches und ökonomisch starkes Südafrika als Stabilisierungsakteur auf dem Subkontinent. Wie sehen Sie Südafrikas Einfluss auf andere afrikanische Staaten, insbesondere Nigeria, heute? Ist Südafrika ein demokratisches Vorbild?

Südafrika bleibt eine der größten Volkswirtschaften Afrikas. Das Land hat enorme natürliche Ressourcen und Bodenschätze und zweifellos eine starke ökonomische Kraft auf dem Subkontinent. Der Einfluss Südafrikas auf andere afrikanische Länder ist spürbar in der Beharrlichkeit im Kampf für Emanzipation. Regelmäßige Wahlen und der Führungsstil der regierenden Partei ANC sind des Nacheiferns durch andere afrikanische Staaten wert. Es scheint, als würden die Parteiorgane in Südafrika respektiert und Regeln eingehalten.

Man muss dazu sagen, dass Südafrika ein weißes Siedlerregime war, was ganz anders funktioniert hat, als die meisten anderen afrikanischen Staaten, insbesondere in Westafrika. Ein Siedlerregime kommt mit allen Traditionen, der eigenen Kultur und keinerlei Absicht, wieder ins Heimatland zurückzukehren.

Südafrikas Einfluss auf andere Länder basiert auf der ökonomischen Macht. Südafrika ist semi-industrialisiert und dadurch können andere Länder von Südafrika lernen. Südafrika ist aber auch ein demokratisches Vorbild für andere Länder bezüglich Regierungswechsel und der friedlichen Lösung interner Krisen.

Während der Apartheid gab es eine starke nigerianische Solidarität mit dem Kampf des ANC. Seit 1994 schwankt das Verhältnis beider Staaten zwischen politischer Rivalität und Kooperation. Wie bewerten Sie die heutige Beziehung zwischen Nigeria und Südafrika?

Während des Apartheidregimes war Nigeria das einzige Land in Afrika, welches als Frontlinenstaat außerhalb der Frontlinenstaaten beschrieben werden kann. Die nigerianische Unterstützung für den ANC war enorm. Die nigerianische Regierung trug finanziell, materiell und diplomatisch zum Kampf gegen die Apartheit bei. Zum Beispiel konnten südafrikanische Jugendliche umsonst höhere Bildung in Nigeria genießen und nigerianische Arbeiter/innen spendeten einen Teil ihrer monatlichen Bezüge an den Kampf des ANC.

Das Nationale Komitee gegen Apartheid (National Committee Against Apartheid), das die nigerianische Regierung eingesetzt hatte, machte in allen Gegenden Nigerias und auf der ganzen Welt auf die Übel der Apartheid aufmerksam. Auch wenn sich die Beziehungen zwischen Südafrika und Nigeria nach dem Ende der Apartheid leicht verschlechterten, unterhalten beide Länder nach wie vor eine freundschaftliche Beziehung auf Regierungsebene.

Allerdings sind viele Nigerianer/innen unzufrieden damit, wie Nigerianer/innen in Südafrika behandelt werden – Xenophobie ist ein großes Thema. Nigerianer/innen denken, die südafrikanische Regierung sollte Südafrikaner/innen mehr darüber aufklären, welche positive Rolle Nigeria und auch andere afrikanische Länder während der Apartheid gespielt haben.

Was sind Ihrer Meinung nach die drängendsten Fragen oder Probleme in Südafrika, 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid?

Eines der drängendsten Probleme ist die hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter jungen Menschen. Wie die Wirtschaft inklusiv gestaltet werden kann, ist eine weitere Herausforderung.

Dieses Interview ist Teil unseres Dossiers Südafrika: 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid.