Der agrarökologische Wandel als Paradigmenwechsel

Interview

Der Agrarsektor betreibt Raubbau an seinen eigenen Ressourcen, am Boden sowie an natürlichen Gemeingütern. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Kleinbauern und -bäuerinnen in Lateinamerika jedoch gezeigt, dass ein anderes Modell möglich ist: die Agrarökologie.

Tomaten hängen am Strauch
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Im Kontext der Klimakrise erscheint der Übergang zur Agrarökologie für die Erzeugung von Nahrungsmittel unumgänglich.

Die landwirtschaftliche Produktion, die weltweit den größten Teil der Nahrungsmittel liefert, könnte an sich als ökologisch nachhaltig angesehen werden. Angesichts des vorherrschenden Produktionsmodells ist leider das Gegenteil der Fall. Gegenwärtig betreibt der Agrarsektor Raubbau an seinen eigenen Ressourcen, am Boden sowie an natürlichen Gemeingütern. Aus diesem Grund ist er untragbar. Jene, die durch intensive Landwirtschaft und Viehhaltung über große wirtschaftliche Macht verfügen, behaupten, dass nur auf diese Weise Nahrungsmittel im großen Maßstab produziert werden können. Diese Einstellung hat sich mittlerweile zu einem legitimen und vom Großteil der Gesellschaft akzeptierten Dogma entwickelt.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Kleinbauern und -bäuerinnen in Lateinamerika jedoch gezeigt, dass ein anderes Modell möglich ist: die Agrarökologie. Santiago Sarandón, Agrarwissenschaftler, Forscher, Professor an der Universidad Nacional de La Plata (UNLP) und Vorsitzender der Argentinischen Gesellschaft für Agrarökologie hat zu einem erforderlichen Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft viel zu sagen. Das Interview führten Jazmín Rocco Predassi und Michelle Fiszlejder der Fundación Ambiente y Recursos Naturales (FARN).

Das unbequeme Modell

Santiago Sarandón ist der Ansicht, dass es die Rolle der Agrarökologie ist, aus einem kritischen Geist heraus am vorherrschenden Modell zu rütteln. Die Agrarökologie zeigt auf, dass Nahrungsmittel auf faire und umweltverträgliche Weise produziert werden können. Im Kontext der Klimakrise und des Verlusts der Biodiversität erscheint der Übergang zur Agrarökologie für die Erzeugung von Nahrungsmittel unumgänglich. Sarandón räumt allerdings ein, dass die Überwindung des agroindustriellen Modells sehr komplex ist. Schließlich geht es nicht allein darum, den Übergang zu einem anderen Anbaumodell zu meistern. Auch Wissen, Techniken, Weisheiten und sogar gesellschaftliche Gewissheiten gilt es, zur Disposition zu stellen. Kurzum: Es handelt sich definitiv um einen Paradigmenwechsel.

Zu jedem historischen Moment gelten jeweils andere Paradigmen, die in der Gesellschaft verbreitet sind. So lässt sich auch verstehen, weshalb gegenwärtig behauptet wird, [ausreichend] Nahrungsmittel ließen sich nur durch das agroindustrielle Modell erzeugen. Doch gibt es tatsächlich Belege für die These, dass dies die einzig mögliche Produktionsform ist?

Sarandón, der als Dozent an der UNLP tätig ist, berichtet, dass er seine Studierenden gerne vor die Herausforderung stellt, wissenschaftliche Artikel zu finden, die scheinbar belegen können, dass ohne Pestizide kein Anbau möglich ist. Er möchte damit die Prämissen des vorherrschenden Paradigmas offenlegen: „Es gibt keine wissenschaftlichen Belege für die Vorstellung, dass sich Nahrung ohne den Einsatz von Pestiziden nicht anbauen ließe, dennoch glauben viele Menschen das Gegenteil und behaupten gänzlich unwissenschaftliche Dinge.“

Wie produzieren wir heute?

Der Agrarwissenschaftler meint, dass das derzeitige Paradigma über ein agroindustrielles Modell für die Nahrungsmittelproduktion seit Jahren vorherrscht und sich auf der Grundlage von Annahmen weiter reproduziert, die wenig belastbar sind: „Jene, die die Umsetzung dieses Modells befürworten, wissen nicht, mit welchen Argumenten sie es verteidigen oder wie sie erklären sollen, warum wir mit diesem Modell weitermachen müssen und nicht mit einem anderen. Alles beruht auf einer Art fundamentalistischer Haltung, die Ansichten für Wahrheiten hält, deren Ursprung zwar unklar ist, die aber dennoch wahr erachtet werden. Gleichzeitig wird alles, was diese Wahrheiten in Frage stellen könnte, als Angriff wahrgenommen.“

Zu den Problemen, die mit dem derzeitigen Modell einhergehen, gehören der Verlust an Biodiversität, die Verschlechterung der Bodenqualität, die Beeinträchtigung verschiedener Ökosysteme, die Einführung von Schädlingen sowie der geringe Nährstoffgehalt.  Um den aktuellen Nahrungsmittelbedarf decken zu können, müssen Produkte, die als „Agrogifte“ und „Pflanzenschutzmittel“ bezeichnet werden, eine entsprechende Umgebung schaffen, eine weitere Schwachstelle des aktuellen Produktionssystems. Der Agrarwissenschaftler betont zudem, dass dieses Modell von Düngern und Pestiziden abhängig ist, die zum großen Teil importiert werden müssen. Dies wiederum ist für viele kleinbäuerliche Familien, die etwa 70 Prozent aller Nahrungsmittel [für die Bevölkerung Argentiniens] produzieren, nicht finanzierbar.

Fragen der Verantwortung: Pestizideinsatz

Der Einsatz von Pestiziden ist Sarandón zufolge zweifelsohne eines der dringendsten Probleme des aktuellen landwirtschaftlichen Produktionsmodells. Das hängt mit den Auswirkungen zusammen, die diese Mittel auf die Nahrung und die Gesundheit von Menschen haben: „Heute verfügen wir über ausreichend Daten, um zeigen zu können, dass Pestizide ausgesprochen gefährlich sind. Zahlreichen wissenschaftlichen Studien zufolge werden sie über viele Kilometer verbreitet. Es werden auch Pestizidrückstände in unserem Blutkreislauf/in unseren Körpern gefunden. Sie werden entweder über die Luft eingeatmet oder über die Produkte aufgenommen, die wir verzehren.“ Der Agrarwissenschaftler hebt dabei hervor, dass die Gefährlichkeit von Pestiziden nicht auf einen falschen Gebrauch zurückgeht, sondern eine Eigenschaft des Produkts selbst ist: „Es sind Moleküle, die dazu gedacht sind, eine bestimmte Lebensform auszulöschen. Sie löschen Lebensformen nicht bei einer verkehrten Anwendung aus, sondern immer, denn dafür wurden sie entwickelt.“

Doch allen Beweisen zum Trotz wollen jene Unternehmen, die Pestizide produzieren, deren Gefährlichkeit nicht anerkennen. Stattdessen machen sie ihre Kund/innen, sprich die Kleinbauern und -bäuerinnen auf dem Land, für eine „falsche“ Anwendung verantwortlich. Das Verblüffende dieser Situation ist, dass die Kund/innen diese Einschätzung der Unternehmen auch noch teilen: „Da sie sich gar nicht die Frage stellen, ob das Produkt womöglich gefährlich ist, nehmen sie die Schuld einer ‚falschen‘ Anwendung einfach auf sich. Was bringt es ihnen, diese Schuld auf sich zu laden? Bemerken sie nicht, dass diese Produkte langlebig sind und sich über Tausende von Kilometern ausbreiten können? Dass die landwirtschaftlichen Erzeuger/innen jene verteidigen, die ihnen die Verantwortung für die Schäden des Produkts aufbürden, ist eine Folge dessen, wie etabliert dieses Paradigma ist.

In diesem Sinne sieht der Agrarwissenschaftler Pestizide nicht als etwas, das Kollateralschäden verursacht, oder als kleine Unzulänglichkeit einer ansonsten guten Idee, eines guten Modells, sondern als logische und vorhersehbare Konsequenz eines irregeleiteten und eines allzu „produktivistischen, kurzsichtigen und simplistischen“ Paradigmas. Sarandón zufolge ist das konventionelle Modell in einer Logik verhaftet, die es ihm nicht erlaubt, Probleme anzugehen, die ihm zugrunde liegen: „Das Einzige, was der Intensivlandwirtschaft einfällt, ist ein anderes chemisches oder transgenes Produkt. Dabei ist bekannt, dass diese Produkte innerhalb von zwei bis drei Jahren Resistenzen im Anbau hervorrufen werden. Kurzum: diejenigen, die dieses Modell verteidigen, sind weder in der Lage noch willens aus dem Karussell auszusteigen, das diese Probleme überhaupt erst hervorgebracht hat.“

Die Wurzel der Probleme

Die Agrarökologie mit ihrer kritischen Haltung bricht vor diesem Hintergrund mit dem herrschenden Paradigma und seinen Prinzipien – auch die der Agrarwissenschaften - und stellt seine Werte und Prämissen in Frage. Sie ist bestrebt, die dem herrschenden Modell inhärenten Probleme an der Wurzel zu packen und bisher als „sinnvoll“ erachtete Lösungen für aufgetretene Probleme mit herauszureißen, wie etwa die Anwendung von Pestiziden. Denn diese lösen nicht die ursächlichen Probleme des Ernährungssystems. Statt also zu fragen ‚Wie kontrolliere ich die Schädlinge in meinem Anbau?‘, stellt sie die Frage ‚Warum gibt es Schädlinge in meinem Anbau? Was haben wir falsch gemacht?‘. Daran zeigt sich, dass es sich um ein anderes Paradigma handelt. Die Agrarökologie bietet eine neue Sicht auf dieselbe Realität. Auf diese Weise entwirft sie Lösungsansätze, die sich außerhalb des Karussells des konventionellen Modells befinden“, erklärt Sarandón.

Eine weitere Herausforderung für die Agrarökologie besteht darin, dass sie keine allgemeingültigen Lösungen anbietet. Denn es handelt sich um ein Modell, das auf lokaler Ebene und auf Grundlage der vorhandenen Maschinen, der verschiedenen Bodenarten, der verfügbaren finanziellen Ressourcen der Produzent/innen sowie der Beziehungen zur Gesellschaft mit Leben gefüllt werden muss. „Dabei müssen das empirische lokale Wissen und die wissenschaftlichen, universellen theoretischen Erkenntnisse zusammengedacht werden. Zurzeit fällt es uns noch schwer, lokales Wissen als solches anzuerkennen, weswegen es weiterhin Produzent/innen gibt, die diesen Weg nicht einschlagen“, erläutert der Agrarwissenschaftler.

Kulturelle Herausforderungen

Eine der größten Hürden, mit denen die Agrarökologie zu kämpfen hat, ist kulturell bedingt. Laut Sarandón ist im ländlichen Kontext ein Einstieg in die agrarökologische Welt gleichbedeutend mit dem Verlust an „symbolischem Kapital“. „Wenn ich Erzeuger/innen frage, die gerade mit der Agrarökologie beginnen, was sie bisher daran gehindert hat, diesen Weg zu beschreiten, antworten sie: ‚die Meinung der anderen‘. Es war nicht die Methodik oder die Technik, die sie abschreckte, sondern die Befürchtung, als ‚Hippies‘ oder ‚Verrückte‘ gebrandmarkt zu werden. Diejenigen, die bisher auf agrarökologische Weise anbauen, haben meist keine andere Wahl, weil sie in einem Gebiet leben, in denen Pestizideinsätze verboten sind oder weil sie sich die Pestizide beispielsweise nicht leisten können. Sie sehen in der Agrarökologie jedoch eine Lösung, da sie dafür keine chemischen Mittel kaufen müssen. Jene jedoch, die die Wahl haben, entscheiden sich oftmals aufgrund des symbolischen Kapitals für das konventionelle Modell“, so der Agrarwissenschaftler und Dozent.

Der Weg hin zur Agrarökologie

Dem symbolischen Kapital des agroindustriellen Modells könnte durch die Infragestellung der Anwendung von Pestiziden und der Zerstörung der Biodiversität Wert entzogen und gleichzeitig das symbolische Kapital von kleinbäuerlichen Familienbetrieben gestärkt werden: „Es wäre enorm hilfreich, wenn die Institutionen auf der Ebene des symbolischen Kapitals eingreifen würden. Kleine Maßnahmen wie die Schaffung der Nationalen Direktion für Agrarökologie oder die Förderung von Anbauflächen mit einem institutionell definierten agrarökologischen Profil durch das Ministerium für landwirtschaftliche Entwicklung in der Provinz Buenos Aires sind bereits gute Beispiele für eine Stärkung des symbolischen Kapitals solcher Produktionsformen.“

Sanktionen hinsichtlich des Einsatzes von Pestiziden, da deren Gefährlichkeit heute ausreichend belegt ist, könnten weitere politische Maßnahmen für Anreize zu einer agrarökologischen Umstellung bieten: „Regierungen sollten sehr viel strenger sein und die Anwendung von Pestiziden stärker einschränken.“, so Sarandón.

Auf institutioneller Ebene sollten die Arbeitsschwerpunkte universitärer Forschung sowie des Nationalen Rats für Wissenschaftliche und Technische Forschung (Consejo Nacional de Investigaciones Científicas y Técnicas, CONICET) umstrukturiert und stärker auf eine agrarökologische Perspektive hin ausgerichtet werden. Die Politik sollte den agrarökologischen Wandel begleiten, die fehlende Unterstützung durch Staaten wird diese Entwicklung jedoch nicht aufhalten können. Denn die agrarökologische Bewegung ist an der „Basis“ entstanden: „Die Agrarökologie entstand nicht aufgrund staatlicher Initiativen. Die Regierungen haben erst durch den Druck von unten – von Konsument/innen, Erzeuger/innen und Wissenschaftler/innen – damit begonnen, ihre Maßnahmen anzupassen und auf eine agrarökologische Perspektive hin auszurichten.“

Ist eine Koexistenz beider Modelle möglich?

In diesem Sinne, so Sarandón, begannen einige lateinamerikanische Staaten, wie etwa Brasilien oder Uruguay, die Agrarökologie zu Beginn des Jahrtausends zu fördern. Sie gewann jedoch nie die Oberhand gegenüber dem agroindustriellen Modell. Stattdessen kam es zu einer Koexistenz: „Das vorherrschende Modell, das auf Pestiziden und genetisch modifiziertem Saatgut basiert, koexistierte mit agrarökologischen Familienbetrieben.“ Für Sarandón ist diese Situation nicht zufriedenstellend: „Ich möchte nicht, dass die Agrarökologie neben dem Agrobusiness existiert. Ich bin davon überzeugt, dass das aktuelle industrielle Modell nicht nachhaltig ist. Daher möchte ich es durch ein anderes Modell ersetzen, das fairer, rationaler und umweltverträglicher ist. Auf dieses Ziel arbeiten wir seit sehr vielen Jahren hin, obwohl wir wissen, dass eine Umsetzung fast unmöglich scheint. Keine Regierung hat das bislang tun wollen, und ich denke, dass viel Zeit vergehen wird, bis sie es tun.“ In diesem Kontext betont Sarandón, dass obwohl es „Rückenwind“ gibt, wenn Regierungen die Agrarökologie mit entsprechenden Programmen begleiten, „das Schiff“ nicht still steht, wenn deren Unterstützung wegbricht, da diese Bewegung aus der „Basis“ entstanden ist. Das verleiht ihr eine enorme Kraft und große Widerstandsfähigkeit.

Die jüngeren Generationen treiben das agrarökologische Modell voran

Es sind die jüngeren Menschen, die die größte Bereitschaft mitbringen, sich des agrarökologischen Modells anzunehmen, sei es als Konsument/innen oder als Erzeuger/innen. Denn die Prämisse, wonach [ausreichend] Nahrungsmittel nur im Rahmen des agroindustriellen Modells erzeugt werden können, ist nicht so stark in ihrem Denken verankert. Im Gegensatz dazu fällt es den älteren Generationen schwerer, so der Agrarwissenschaftler, die aktuellen Produktions- und Denkweisen in Frage zu stellen, weil sie so stark Teil ihrer selbst geworden sind: „Zuweilen heißt es, dass sich Paradigmen nicht deswegen durchsetzen, weil sie Menschen überzeugen, sondern weil diejenigen, die an das alte Paradigma glauben, nicht mehr da sind. Und ich denke, das passiert tatsächlich in gewisser Weise, weswegen ich die meiste Hoffnung auf die Jugend setze, die sich der Agrarökologie vorurteilsfrei annähern kann.“

Vorsichtiger Optimismus

Obgleich sich Paradigmenwechsel nur langsam vollziehen, freut sich Sarandón, der seit mehr als 25 Jahren für die Agrarökologie aktiv ist, über die gegenwärtigen Entwicklungen. Diese haben alle Erwartungen übertroffen, die sie vor zwei Jahrzehnten hinsichtlich einer möglichen Umsetzung des Modells hegten: „Im Jahr 2000 gab es auf lokaler Ebene keinerlei Artikel zum Thema Agrarökologie und heute ist in ganz Lateinamerika die Rede davon: es gibt die Lateinamerikanische Wissenschaftsgesellschaft für Agrarökologie, die Argentinische, Brasilianische, Chilenische und Mexikanische Vereinigung für Agrarökologie. Die Existenz all dieser Institutionen förderte Debatten, Kongresse, Diskussionen und Publikationen bzw. machte sie möglich. Zudem finden Studienanfänger/innen heute ein ganz anderes Panorama in Bezug auf die Agrarökologie vor, da es bereits Forscher/innen gibt, die mit dieser Perspektive ausgebildet wurden [Ergänzung d.R.: und mit dieser unterrichten]. Das alles gab es vor 25 Jahren nicht. Heute gibt es kein Zurück mehr.“

Wenn er die bisherigen Fortschritte insgesamt betrachtet und sich vor Augen führt, dass es sich bei der Agrarökologie um einen vollständigen Paradigmenwechsel handelt, betrachtet Sarandón die Gegenwart mit vorsichtigem Optimismus und die Zukunft mit einer Prise Hoffnung. „Wer sich erst seit einem Jahr mit der Agrarökologie beschäftigt, könnte den Eindruck bekommen, dass sie auf der Stelle tritt. Wer jedoch so lange dabei ist wie ich, weiß, dass die Erfolge in der Gegenwart außergewöhnlich sind. Wer Pestizide als ‚Gifte‘ begreift, wird sie nie wieder als etwas anderes ansehen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Agrarökologie nicht nur eine bestimmte Produktionsform in Frage stellt, sondern auch Weltsichten und die Art und Weise, wie wir mit der Natur in Beziehung treten. Dieses humanistischere und nachhaltigere Modell hat gegenwärtig bereits Erfolge erzielt und präsentiert sich als Alternative zum vorherrschenden agroindustriellen Modell. Diese Fortschritte lassen sich jedoch nur dann als Teilerfolge wahrnehmen, wenn man versteht, dass das agrarökologische Projekt eine Dekonstruktion des etablierten Paradigmas zum Ziel hat. Ohne Zweifel werden jedoch diejenigen, die diesen Weg beschritten haben, den Kampf weiterführen, auf dass dieses Modelleines Tages die Norm und nicht mehr die Ausnahme sein wird.


Santiago Sarandón ist Agrarwissenschaftler der Fakultät für Agrar-und Forstwissenschaften der Universidad Nacional de la Plata und leitender Forscher der Kommission für wissenschaftliche Forschung der Provinz von Buenos Aires zum Thema der agrarökologischen Wende.


Der Originaltext erschien im Umweltbericht (2022) von FARN (Partnerorganisation des Büros Cono Sur der Heinrich-Böll-Stiftung) und kann hier eingesehen werden. Der deutsche Text wurde von Julia Ziesche und Mareike Bödefeld gekürzt und redigiert.

Übersetzung aus dem Spanischen: Sebastian Landsberger (lingua•trans•fair)

Übersetzungslektorat: Bettina Hoyer (lingua•trans•fair)