Internationale Abkommen: Der Weg zu 17 Nachhaltigkeitszielen

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In internationalen Abkommen verhandelt die Staatengemeinschaft stets aufs Neue widerstreitende Interessen und Anliegen des Gemeinwohls. Der nächste Schritt: Bis 2030 sollen weltweit 17 Nachhaltigkeitsziele erreicht werden.

In Milliarden Euro, geschätzte Entwicklung bis 2030, Stand 2020
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In Green-Tech-Märkten wie Photovoltaik und Wind- energie wurden 2020 4,6 Billionen Euro erwirtschaftet. Auf die Energieeffizienz entfielen 844 Milliarden Euro.

Nach dem Ersten Weltkrieg schufen Staaten im Rahmen des Friedensvertrags von Versailles 1919 die Internationale Arbeitsorganisation (ILO). Denn ohne soziale Gerechtigkeit konnte es ihrer Ansicht nach keinen Frieden auf der Welt geben. Den beteiligten Regierungen ging es jedoch weniger um bessere Arbeitsbedingungen für die Arbeitenden anderswo als um die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Industrie. Sie wollten Nachteile für die eigenen Unternehmen durch Sozialdumping in anderen Teilen der Welt unterbinden. So spielte für die Gründerväter und -mütter der ILO die Lage der Arbeitenden in den Kolonien keine Rolle.   

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Der Wirtschaftsatlas 2024

Die Klimakrise, schwindende Ressourcen und Umweltverschmutzung fordern einen Wandel. Unternehmen und Banken müssen Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung priorisieren. Neue Gesetze sollen Verschwendung stoppen und die Infrastruktur modernisieren. Der Wirtschaftsatlas 2024 der Heinrich-Böll-Stiftung diskutiert die Maßnahmen und gibt einen Überblick über die Wirtschaftsgeschichte.

 

Die ILO ist mittlerweile eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen (UN) und die einzige UN-Organisation, in deren Entscheidungsgremien neben Repräsentant*innen der Mitgliedstaaten auch Vertreter*innen von Arbeiternehmer*innen mit abstimmen dürfen. Die ILO entwickelte im Laufe der Zeit viele Normen, die ein menschenwürdiges Arbeiten ermöglichen sollen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg einigte sich die Staatengemeinschaft auf das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT), das 1948 in Kraft trat. Staaten bauten in großem Umfang Zölle und Subventionen ab und sie konnten nun einen Mechanismus nutzen, wenn sie sich in Handelsfragen stritten. In den 1960er-Jahren erlangten viele Kolonien im sogenannten Globalen Süden ihre Unabhängigkeit. Die neuen Regierungen wünschten sich vor allem stabile Rohstoffpreise. Aber eine Reform fand nie statt. Starke Preisschwankungen sind immer noch ein Problem. 1995 gründete sich die Welthandelsorganisation WTO. Sie ist nun zuständig für die Regulierung des Welthandels von Gütern, Dienstleistungen und geistigem Eigentum. Jeder der 164 Mitgliedstaaten hat eine Stimme. Neuen Regeln müssen alle Staaten zustimmen. Aber weil sich die Mitglieder nur selten einigen können, ist die WTO oft blockiert. Deswegen schließen Nationen oder Staatengruppen zusätzlich bilaterale oder multilaterale Handelsabkommen. Mittlerweile verhandelt beispielsweise die EU in solchen Verträgen auch über Mindeststandards für den Schutz der Arbeitnehmer*innen oder des Klimas.

Stand in den OECD-Staaten, in Prozent, 2022
Die Agenda 2030 wurde 2015 von 193 Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen in New York verabschiedet.

Die USA wollten bei der WTO-Gründung globale soziale Mindeststandards vereinbaren. Dagegen wehrten sich die Entwicklungsländer. Sie wollten nicht auf ihr größtes Pfund im Wettbewerb mit den Industrieländern verzichten, die billige Arbeit – und setzten sich durch. Staaten im globalen Süden profitierten einerseits von der Globalisierung. 

Andererseits herrschen dort in großem Ausmaß Umweltverschmutzung und Sozialdumping vor. Und die Industrieländer vereinnahmen den größten Teil der Wertschöpfung aus den globalen Lieferketten. Nichtregierungsorganisationen (NGO) drängten ab den 1990er-Jahren transnational tätige Unternehmen dazu, freiwillig mehr Verantwortung für die Arbeits- und Umweltbedingungen bei Zulieferern zu übernehmen. Viele Unternehmen verpflichten seither ihre Lieferanten auf gewisse Mindeststandards. Diesen Ansatz einer freiwilligen Unternehmensverantwortung griffen die Vereinten Nationen im Jahr 2000 mit dem Global Compact auf. Aber die Situation verbesserte sich kaum. 2011 verabschiedeten die Vereinten Nationen verpflichtende UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Einige Regierungen verabschiedeten bereits Lieferkettengesetze, darunter Deutschland. In Frankreich müssen große Unternehmen seit 2017 sozialrechtliche Sorgfaltspflichten einhalten, in gewissen Fällen auch für Zulieferer. 

Die Weltgemeinschaft will die globalen Beziehungen bis 2030 sozialer, ökologischer und ökonomischer gestalten. Dafür beschloss sie 2015 die sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs) mit 17 Zielen. Durch sie sollen unter anderem die Armut und der Hunger bekämpft sowie die Bildung und der Klimaschutz verbessert werden. Einige der 193 beteiligten Staaten erfüllen die Ziele schon zu fast drei Vierteln, darunter Schweden, Dänemark und Finnland. Aber insgesamt fällt die Bilanz der Industrieländer gespalten aus: Sie sind zwar weiter als die Schwellen- und Entwicklungsländer, aber sie verursachen in diesen Ländern auch hohe ökologische und wirtschaftliche Kosten.