Antisemitische Reaktionen am 7. Oktober und in der Zeit danach

Analyse

Bereits am ersten Tag des Terrorangriffs auf Israel kam es in Deutschland zu antisemitischen Vorfällen, deren Zahl ab dem 7. Oktober sprunghaft anstieg und sich seitdem auf hohem Niveau bewegt.

Infografik zu Antisemitismus in Deutschland vom 7. Oktober bis 9. November 2023

Die RIAS-Meldestellen registrierten im Zeitraum vom 7. Oktober bis 9. November 2023 bundesweit 994 verifizierte antisemitische Vorfälle, die sich im Kontext der Massaker der Hamas und des Krieges in Israel und Gaza ereigneten. Rechnerisch ereigneten sich in Deutschland 29 antisemitische Vorfälle pro Tag. Zum Vergleich: 2022 waren es im Jahresdurchschnitt knapp sieben Vorfälle pro Tag. Damit ist die Zahl im Berichtszeitraum viermal so hoch wie im Jahresdurchschnitt 2022.

Antisemitische Vorfälle in allen Bereichen

RIAS-Meldestellen beobachten dabei antisemitische Vorfälle in vielfältiger Weise und in allen Lebensbereichen: Sie äußern sich in Form von antisemitischen Schmierereien im öffentlichen Raum, antisemitischen Äußerungen an Hochschulen, gezielten Sachbeschädigungen an Gedenkorten, Markierungen jüdischer Wohnungen mit Davidsternen oder Hakenkreuzen bis hin zu Fällen extremer Gewalt wie dem Brandanschlag auf ein jüdisches Gemeindezentrum in Berlin.

Infografik: Orte des Antisemitismus in Deutschland vom 7. Oktober bis 9. November 2023

Antisemitische Vorfälle, die sich im Wohnumfeld - z.B. in der eigenen Wohnung, im Treppenhaus oder in der Nachbarschaft - ereignen, wirken sich besonders negativ auf die Betroffenen aus und erschüttern ihr Sicherheitsgefühl. Die Vorfälle reichen auch hier von antisemitischen Schmierereien über das Auslegen antisemitischer Flugblätter, die Beschädigung einer aus dem Fenster hängenden israelischen Flagge bis hin zu tätlichen Angriffen. Von den RIAS-Meldestellen wurden auch mehrere Fälle dokumentiert, in denen Wohnhäuser z.B. mit Davidsternen und Hakenkreuzen beschmiert und so als jüdisch markiert wurden. Das massive Auftreten solcher Markierungen stellt eine neue Qualität dar, die von den RIAS-Meldestellen vor dem 7. Oktober in diesem Ausmaß nicht dokumentiert wurde.

Auswirkungen auf den Alltag

Der 7. Oktober ist für jüdische Menschen in Deutschland eine Zäsur und die antisemitischen Reaktionen haben für viele eine neue Realität geschaffen. Während für Teile der Mehrheitsgesellschaft nach anfänglicher Anteilnahme ein normaler Alltag weiterging, ist der neue Alltag von Juden*Jüdinnen in Deutschland geprägt von erhöhten Sicherheitsmaßnahmen, antisemitischen Vorfällen und einer weiterhin großen Sorge über die weiteren Entwicklungen in Israel und Gaza. Viele der 994 antisemitischen Vorfälle zwischen dem 7. Oktober und dem 9. November ereigneten sich im Wohnumfeld, auf Social-Media-Plattformen, an Bildungseinrichtungen oder am Arbeitsplatz. Die Betroffenen sind oft gar nicht in der Lage, diesen potenziellen Bedrohungssituationen auszuweichen, ohne ihre jüdische Identität zu verbergen. Wie sehr die Massaker der Hamas und der Krieg in Israel und Gaza den Alltag von Juden*Jüdinnen in Deutschland prägen, verdeutlichen Berichte, etwa dass sie ihre Universität nicht mehr besuchen.

Infografik: Formen des Antisemitismus in Deutschland vom 7. Oktober bis 9. November 2023

Wenn Sie Zeug*innen antisemitischer Vorfälle sind oder von diesen selbst betroffen – melden Sie diese unter report-antisemitism.de!