Junges Engagement fördern - Partizipation mit kleinem Budget

Kommentar

Kommunen, die Engagement und Beteiligung fördern wollen, sind mit der Einrichtung von Budgets und Fonds auf einem guten Weg. Budgets sind ein Vertrauensvorschluss – gerade für junge Leute.

Illustration: Gemeinsam stark vor Ort

Kommunen, die Engagement und Beteiligung fördern wollen, sind mit der Einrichtung von Budgets und Fonds auf einem guten Weg. Seit einigen Jahrzehnten wird dieses Partizipationsformat in vielfältigen Varianten und mit unterschiedlichen Zielsetzungen weltweit genutzt. Ein Leuchtturm war der Beteiligungshaushalt von Porto Alegre, der Menschen in benachteiligten Quartieren eine bessere, nach eigenen Bedürfnissen gestaltete Infrastruktur ermöglichen sollte. In anderen brasilianischen Städten wie Barra Mansa oder Recife wurde jungen Menschen die Verfügung über öffentliche Mittel für Schulen und Lehrpersonal eingeräumt. In Boston (Mass.) entscheidet seit 2014 eine Jugendjury jährlich über die Vergabe von einer Million US-Dollar für Jugendbelange der Großstadt (Motto: Youth Lead The Change).

Der Charme solcher Großbudgets ist auch bei kleineren Beträgen spürbar. Stets geht es darum, einer bestimmten Bevölkerungsgruppe für klar umrissene, aber weit gefasste Zwecke Mittel zur Verfügung zu stellen, die sie für selbstgewählte Vorhaben einsetzen können. Dies ist besonders für Engagierte interessant, die nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, um ihre Ideen gemeinsam zu verwirklichen. Dies gilt besonders für junge Menschen, die noch nicht über ein eigenes Einkommen verfügen. Da meist viele Ideen auf knappe Mittel treffen, kommt es auf möglichst transparente und klar geregelte Auswahlprozesse an, damit Budgets auch zu einer Lernchance für demokratisches Entscheidung werden können.

Prominente Beispiele für solche Jugendbudgets sind Schüler*innenhaushalte, die inzwischen in einer stattlichen Zahl von Schulen eingerichtet worden sind, damit Schülerinnen und Schüler mit einigen tausend Euro, den meist Schulen und Kommunen, manchmal auch örtliche Unternehmen beisteuern, ihre Schule mit demokratisch abgestimmten Vorschlägen zu einem lebenswerten Ort gestalten können. Im Rahmen seines Programms „Demokratie leben!“ fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in seinen mehr als 300 lokalen „Partnerschaften für Demokratie“ Jugendfonds, über deren Vergabe Jugendforen oder Jugendparlamente entscheiden. Vier von fünf der mehr als 500 kommunalen Kinder- und Jugendparlamente verfügen über eigene Budgets.

Worin liegt der besondere Reiz von Budgets für Kinder und Jugendliche? Geld schafft Handlungsmöglichkeiten, ohne sie im Detail festzulegen. Damit wird das gerade von jungen Menschen geteilte Ideal selbstorganisierten und selbstbestimmten Engagements unterstützt und deren Handlungsfähigkeit gefördert. Budgets sind ein Vertrauensvorschuss: die Geförderten können verantwortlich mit Geld umgehen und zur Gestaltung des Gemeinwesens beitragen. Im Unterschied zu vielen anderen Beteiligungsangeboten versprechen Budgets die Chance zu schneller Selbstwirksamkeit. Schließlich bieten sie einer Bevölkerungsgruppe Einfluss auf die kommunale Entwicklung, die meist (noch) nicht bei Wahlen und Abstimmungen mitmischen dürfen. Damit unterstützen sie die Umsetzung eines zentralen, auch in Deutschland verbindlichen Kinderrechts, das jungen Menschen unter 18 Jahren eine einflussreiche Stimme in allen sie betreffenden Angelegenheiten garantiert: „Wir sind nicht nur die Zukunft, wir sind auch die Gegenwart“.   

Dass Kommunen auch jenseits von ihren kinderrechtlichen Verpflichtungen gut beraten sind, stärker auf das Engagement und die Beteiligung von jungen Menschen zu setzen, sollte sich nicht zuletzt mit Blick auf den demografischen Wandel oder die Initiativen von „Fridays for Future“ herumgesprochen haben.

Damit Budgets die demokratische Zukunftsfähigkeit von Kommunen fördern, sind einige Voraussetzungen zu beachten. Dazu gehören:

  1. Gemeinsame Regeln. Budgets benötigen einvernehmliche Regeln für alle Beteiligten, etwa eine Satzung, die das Entscheidungsgremium, den Prozess, die Ziele und die Mittelabwicklung in allgemeiner Form festlegen. Für die Entscheidungsregeln lassen sich unterschiedliche Vereinbarungen treffen: Konsensprinzip, Mehrheitsentscheidung oder Losverfahren, um nur einige wenige zu nennen. Auch die Auslagerung an eine breite öffentliche Entscheidung bei einem Fest etc. ist denkbar. Am wirksamsten dürfte es sein, wenn Jugendliche solche Satzungen selbst erarbeiten können und sie dann mit der Gemeindevertretung abstimmen.
  2. Transparenz und Öffentlichkeit. Nur wenn es feste Regeln gibt, ist eine transparente Mittelverwendung möglich. Dies gilt auch für kleine Beträge. Die lokale Öffentlichkeit sollte wissen, welche Initiativen und Projekte mit welchen Begründungen und Erwartungen gefördert werden. Dabei ist stets darauf zu achten, das Projekte scheitern können und dürfen. Schließlich geht es auch um mutige Experimente und Lernprozesse.
  3. Rechenschaftslegung. Weil Kinder- und Jugendbudgets oft auf Vorbehalte treffen, ist es wichtig, überzeugende Formen der öffentlichen Rechenschaftslegung einzuplanen. Es geht nicht nur darum, dass Abrechnungen stimmen, sondern hilfreich ist der Nachweis gelungener Initiativen und Projekte. Dazu kann z.B. die Präsentation der geförderten Initiativen auf einer Stadtrats- oder Gemeinderatssitzung dienen oder eine Serie in der Lokalzeitung mit der Dokumentation besonders gelungener Vorhaben. Oft lässt sich dadurch auch zusätzliche Unterstützung gewinnen.
  4. Administrative Unterstützung. Das Gelingen vieler Projekte und Vorhaben hängt nicht zuletzt davon ab, dass sich Zuständige in der Verwaltung finden, die unter dem Blickwinkel der Ermöglichung und nicht der Verhinderung auf Projektideen und Vorhaben schauen. Wo sind rechtliche Hürden und wie können sie genommen werden? Ist das Budget ausreichend etc.? Dieses administrative Wissen sollte begleitend mit dem Budget vertrauensvoll von der Kommune zur Verfügung gestellt werden, um eine erfolgreiche Jugendbudgets zu ermöglichen.
  5. Budgets sollten keine einmalige Veranstaltung, sondern sollten auf Nachhaltigkeit angelegt sein. Kommt ein Vorschlag in der ersten Runde nicht zum Zuge, sollte es eine weitere Chance geben.
  6. Die Budgetsumme sollte zumindest so hoch sein, dass sich bei den Beteiligten nicht der Eindruck auf aufdrängt, es handele sich um „Spielgeld“ ohne Wirksamkeit. Je höher das Budget ausfällt, umso klarer sollten die Vergaberegeln sein und umso wichtiger ist die administrative Unterstützung bei der Umsetzung der Budgetziele.
     

 

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