Editorial

Technologien entwickeln sich heute schneller, als wir sie als Gesellschaft überhaupt verstehen können. Wir möchten mit diesem Heft zeigen, dass sich eine lebendige und faire Debatte auch um die Risiken und Nebenwirkungen der neuen Gentechnik lohnt.

Technologien entwickeln sich heute schneller, als wir sie als Gesellschaft überhaupt verstehen können. Schneller, als wir ihren Nutzen und ihre Risiken begreifen und uns über politische und gesellschaftliche Antworten verständigen können.

In den Laboren findet gerade eine wahre Revolution statt: Die neue Gentechnik kann präziser und kostengünstiger als die alte in die DNA von Lebewesen eingreifen und sie viel grundlegender verändern. Um dafür Akzeptanz in der Gesellschaft zu schaffen, werden keine Mühen gescheut und große Heilsversprechen gemacht: Dem Welthunger würde ein Ende bereitet, bedrohte Arten würden geschützt und ausgestorbene wieder zum Leben erweckt. Auch die Anpassung an den Klimawandel könne am besten durch neue Gentechnik gelingen und Krankheiten effektiv behandelt werden.

Wie viel Potenzial aber wirklich in den neuen gentechnischen Verfahren liegt und wie wir sie regulieren sollen – darüber ist ein heftiger Streit entbrannt. Die Stimmen, die behaupten, die neuen Techniken müssen nicht so streng geregelt werden wie die alte Gentechnik, weil sie sicherer seien, sind medial beinahe omnipräsent. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen hingegen, die den Versprechen kritisch gegenüberstehen und fordern, die neue Technologie erst einmal auf ihre Risiken hin zu überprüfen, werden häufig als innovationsfeindlich und sogar als «unmoralisch» bezeichnet. Ihnen wird nichts weniger vorgeworfen, als die Bekämpfung des Hungers zu be- bzw. zu verhindern.

Diese Form der Diskreditierung von Kritik an riskanten Technologien ist nichts Neues. Wir möchten mit diesem Heft zeigen, dass sich eine lebendige und faire Debatte auch um die Risiken und Nebenwirkungen der neuen Gentechnik lohnt. Gleichzeitig wollen wir den Blick auf spannende Innovationen jenseits der Gentechnik lenken.

Ihre Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung

This article is licensed under Creative Commons License