Für eine besser informierte Solidarität - ein Friedensappell für die Ukraine

Appell

Die Heinrich-Böll-Stiftung dokumentiert an dieser Stelle in deutscher Sprache den Appell der Ukraine Solidarity Campaign, einem Bündnis von Organisationen der ukrainischen Zivilgesellschaft. Dieser richtet sich vor allem an pazifistische und friedensfördernde Bewegungen weltweit.

Eine Demonstration für die Ukraine

1. Wir, ukrainische Aktivist*innen der Zivilgesellschaft, Feminist*innen, Friedensaktivist*innen, Mediator*innen, Dialogvermittler*innen, Menschenrechtsaktivist*innen und Wissenschaftler*innen, erkennen weltweit eine wachsende strategische Divergenz in der Haltung zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Stimmen sowohl von Linken und Rechten als auch von Pazifist*innen plädieren für ein Ende der militärischen Unterstützung für die Ukraine. Sie fordern auch einen sofortigen Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland als Strategie zur "Beendigung des Krieges". Diese Aufrufe zu Verhandlungen mit Putin ohne Widerstand sind in Wirklichkeit Aufforderungen zur Aufgabe unserer Souveränität und territorialen Integrität.

2. Wir fordern nichts Geringeres als die uneingeschränkte Achtung des international vereinbarten humanitären Rechts und der Menschenrechte sowie der UN-Charta und die praktischen Mittel, um uns selbst, unsere Volkssouveränität und unsere territoriale Integrität zu verteidigen und uns den expansionistischen und imperialistischen Versuchen des Kremls zu widersetzen, seine Nachbarn neu zu kolonisieren. Ja, wir brauchen Diplomatie, und ja, wir brauchen humanitäre Hilfe. Aber täuschen Sie sich nicht, die Ukraine braucht auch weiterhin moderne Waffen und andere militärische Hilfe sowie harte wirtschaftliche und rechtliche Sanktionen gegen den Kreml.

3. Ein Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine würde nicht zu "Frieden mit friedlichen Mitteln" führen, sondern Putins autoritärem Regime eine Pause verschaffen, um seine Aggression gegen die Ukraine zu erneuern. Dies ist ein gefährlicher Aufruf zur Beschwichtigung. Wir haben dokumentiert, wie der Kreml mit Kriegsgefangenen und Zivilist*innen in den besetzten Gebieten umgeht. Wir haben gesehen, wie er mit seiner eigenen politischen Opposition umgeht. Das ist kein Frieden. Wir glauben, dass eine starke Verteidigung und ein anhaltender Widerstand mit einer beständigen und informierten weltweiten Solidarität für das ukrainische Volk der beste Anreiz für eine Beendigung der Gewalt und einen verhandelten Rückzug der russischen Streitkräfte in einem so radikal asymmetrischen Konflikt ist.

4. Die Akzeptanz der Besetzung ukrainischer Gebiete durch Russland und die daraus resultierende Straffreiheit würde einen gefährlichen Präzedenzfall für andere autoritäre Regime schaffen, die internationale Grenzen verändern wollen. Sie würde auch zu einer Zunahme der weltweiten Verbreitung von Atomwaffen führen, da sie anderen die zerstörerische Vorstellung vermitteln würde, dass der Besitz von Atomwaffen die einzige Garantie für die eigene Sicherheit ist.

5. Wir fordern, dass internationale Organisationen und Bewegungen das Recht der Ukrainer*innen respektieren, an vorderster Front zu bestimmen, wie sie ihren Frieden machen und wie sie sich und ihre Rechte verteidigen wollen. Wir fordern, dass unsere Forderungen nach Einbeziehung respektiert werden und dass es bei der Bestimmung unserer Zukunft "nichts über uns ohne uns" geben sollte. Wir lehnen Konferenzen und Märsche für "Frieden in der Ukraine" ab, bei denen die Ukrainer*innen weder sinnvoll beteiligt noch fair vertreten sind.

6. Wir finden es zutiefst beleidigend, wenn von rechts wie links behauptet wird, ukrainische Soldat*innen würden als Stellvertreter des Westens kämpfen. Dieses Argument spricht uns unsere Menschlichkeit ab und schmälert die Geschichte der Ukraine, die ihre Unabhängigkeit hart erkämpft hat, sowie die Legitimität der Entscheidung des Volkes für seine demokratisch gewählte Regierung. Dies ist eine irreführende und schädliche politische Rhetorik. Der Einmarsch Russlands und die illegale Annexion von Teilen der Ukraine im Jahr 2014 waren das Ergebnis russischer Aggression und russischen Expansionismus und keine Reaktion auf eine glaubwürdige Bedrohung.

7. Wir begrüßen die fortgesetzte internationale Vermittlung und Vermittlungsunterstützung für humanitäre Verhandlungen, die den Rückzug Russlands und den Austausch von Kriegsgefangenen, die Rückkehr deportierter ukrainischer Kinder, die Beseitigung der nuklearen Bedrohung und den freien Transport von Getreide zum Ziel haben. Diese sind enorm wichtig und sollten aufrechterhalten und weiter ausgebaut werden.

8. Wir bitten Sie um fortgesetzte internationale Verständigung und informierte Solidarität. Dies braucht einen neuen Ansatz für gemeinsame respektvolle internationale Friedensarbeit, ein komplexes Verständnis, und die Aufrechterhaltung – nicht die Zerstörung - sozialer Verbindungen und Netzwerke der globalen Bewegung für Gerechtigkeit, Frieden und Demokratie.

9. Wir glauben, dass wir angesichts dieses Widerstands und mit Ihrer Unterstützung im Laufe der Zeit Russlands unhaltbare Besatzung zu Fall bringen werden und dass sie diesen brutalen und illegalen Zermürbungskrieg verlieren werden. Wir ziehen Russland für seine Taten zur Rechenschaft. Wir wissen, dass Solidarität ihren Preis hat, und dieser Preis wird auf viele Schultern verteilt. Wir haben uns entschieden, in einer Welt zu leben, in der Menschenleben zählen, in der Demokratie zählt, in der internationales Recht zählt, und wir haben nicht aufgegeben, für die Welt zu kämpfen, die wir für unsere Kinder und deren Kinder sehen wollen.

10. Wir danken der internationalen Gemeinschaft, dass sie an unserer Seite steht und diesen schmerzlichen Preis für den Frieden mit uns teilt.
 


Hervorhebungen im Text wie im englischen Original. Redigierte maschinelle Übersetzung.


Dieser am 26. Mai 2023 veröffentlichte Aufruf wurde von der Gruppe der ukrainischen Mediator*innen und Dialogvermittler*innen sowie dem ukrainischen Feministischen Netzwerk für Freiheit und Demokratie initiiert und von vielen Organisationen der ukrainischen Zivilgesellschaft und Einzelpersonen unterstützt, darunter:

  • CENTRE OF PUBLIC INITIATIVES ”IDEAS FOR CHANGE”
  • ”FEMINIST LODGE” INITIATIVE
  • NGO ”DOM4824”
  • IVANO-FRANKIVSK INITIATIVE ”WOMEN UA”
  • OKSANA POTAPOVA, CO-FOUNDER OF UKRAINIAN FEMINIST NETWORK FOR FREEDOM AND DEMOCRACY/UFNFD
  • MEDIATION AND DIALOGUE RESEARCH CENTER, NATIONAL UNIVERSITY OF KYIV-MOHYLA ACADEMY
  • NATIONAL ASSOCIATION OF MEDIATORS OF UKRAINE
  • INSTITUTE FOR PEACE AND COMMON GROUND
  • FACILITATION PARK
  • ”DIALOGUE IN ACTION” INITIATIVE
  • CENTER FOR LAW AND MEDIATION
  • UKRAINIAN INSTITUTE OF MEDIATION AND FACILITATION
  • ODESA REGIONAL GROUP OF MEDIATION
  • LABORATORY OF PEACEFUL INITIATIVES
  • UKRAINIAN MEDIATION CENTER
  • LEAGUE OF MEDIATORS OF UKRAINE
  • ASSOCIATION OF FAMILY MEDIATORS OF UKRAINE
  • ITC ”MEDIATION SCHOOL”
  • LVIV MEDIATION CENTER
  • PRYDNIPROVSKY MEDIATION CENTER ”VILNA PEACEMAKING SPACE”
  • INTELLECTUM ARTI
  • SENSE 2 SENSE COMMUNICATION
  • NATIONAL PLATFORM FOR RESILIENCE AND SOCIAL COHESION
  • HUMAN RIGHTS CENTER ZMINA
  • NGO ”CRIMEASOS”
  • LUHANSK REGIONAL HUMAN RIGHTS CENTRE ALTERNATIVE
  • UKRAINE WITHOUT TORTURE, NGO
  • ASSOCIATION OF RELATIVES OF POLITICAL PRISONERS OF THE KREMLIN
  • REGIONAL CENTER FOR HUMAN RIGHTS
  • СENTRE OF CIVIL EDUCATION ”ALMENDA”
  • POLISH-UKRAINIAN COOPERATION FOUNDATION PAUCI
  • ”MY ACTION”, PYRYATYN, POLTAVA REGION
  • WOMEN’S INITIATIVES, NGO
  • PUBLIC ASSOCIATION ”CIVIC INITIATIVES OF UKRAINE”
  • YOUTH CENTRE FOR REGIONAL DEVELOPMENT
  • POSTUPOVYY GURT FRANKIVTSIV
  • SUPPORT FOR FUNDAMENTAL RESEARCH FUND
  • EUROPEAN CENTER FOR STRATEGIC ANALYTICS
  • CENTRE FOR INTERNATIONAL SECURITY