Abschottung und Repression in Belarus: Die Folgen für die Umweltpolitik

Analyse

Die Sanktionen wirken sich direkt auf die nachhaltige Entwicklung aus. Der Weggang von Investoren und Gebern, führte zu einem Stillstand der Entwicklung erneuerbarer Energiequellen. Eine neue Herausforderung für die Organisationen ist die Entwicklung einer kohärenten Strategie für den demokratischen Wandel mit einer Umweltagenda.

Von iSANS Energy security department und NGO «Ecohome»

Minsk Skyline

Im Krieg Russlands gegen die Ukraine unterstützt das Regime des belarusischen Machthabers Lukaschenka Russland. Die in diesem Zusammenhang vom Westen verhängten Sanktionen betreffen eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen wie z.B. die Petrochemie, Kali und Holzverarbeitung. Weitere Maßnahmen zielen auf den Finanzsektor sowie auf verschiedene Aspekte des öffentlichen und sozialen Lebens der Menschen, etwa Einschränkungen bei der Erlangung von Visa, Geldtransfers usw. Zusätzlich zu den offiziellen Sanktionen der Europäischen Union, der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und anderer Länder trafen eine Reihe internationaler Unternehmen und Investoren eigene Entscheidungen zur Begrenzung ihrer Aktivitäten und Geschäfte mit belarusischen Bürger*innen und Unternehmen. Obwohl keine dieser Sanktionen darauf abzielte, die Umweltsituation in Belarus zu verschlechtern oder Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen einzuschränken, haben sie dennoch eine indirekte Wirkung. Zudem reagierte das Regime von sich aus auf die westlichen Sanktionen. Westlichen Unternehmen oder proeuropäischen Organisationen wurden Aktivitäten im Land erschwert – auch in Bereichen, die von westlichen Sanktionen nicht betroffen waren. Gleichzeitig zwang die sich verschlechternde Wirtschaftslage - aus Sicht des Regimes - zweitrangige Ziele wie Dekarbonisierung, Abfallentsorgung, Gewässerreinhaltung u.a. aufzugeben oder hinten anzustellen.

Seit den Protesten gegen die Fälschung der Präsidentschaftswahl 2020 und die nachfolgende Welle der Polizeigewalt und Verhaftungen geht das Regime massiv gegen alle nichtstaatlichen öffentlichen Organisationen (NGO), aber auch gegen unabhängige, teilweise ansonsten sogar regimetreue Fachexpert*innen vor, wenn deren Meinungen von der offiziellen Position abweichen. Der politische und gesellschaftliche Diskurs wird dadurch sehr stark verengt, oder sogar gänzlich unterbunden. Dies trifft insbesondere auf den Bereich der Umweltpolitik zu – nahezu alle Umweltorganisationen wurden zwangsweise aufgelöst.

Veränderungen in der Agenda der Nachhaltigkeitspolitik

Das Regime bewertet die Auswirkungen der westlichen Sanktionen auf die Erreichung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung (globale Sustainable Development Goals, SDG) in dieser Weise:

Im Gefolge der Kreml-Politik der (Selbst-)Isolierung Russlands und seines Satelliten Belarus vom Westen orientieren sich die belarusischen Behörden nun v.a. an der grünen Agenda in den Strukturen der von Russland kontrollierten Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU), die aber vielfach nur einen deklarativen oder imitativen Charakter hat bzw. noch in den Kinderschuhen steckt; so schlug etwa Tatyana Zavyalova, für Umwelt und Soziales zuständige Vizepräsidentin der russischen Sberbank, die Schaffung einer einheitlichen Taxonomie für grüne Finanzen in der EAWU auf der Grundlage der Entwicklungen in Russland, Kasachstan und anderen EAWU-Ländern vor, einschließlich eines Zertifizierungssystems für grüne Projekte und Initiativen, eines ESG-Berichtsstandards und eigener Bewertungs- und Verifizierungsmethoden. Laut Asem Kernebayeva, Geschäftsführerin der Direktion für grüne und soziale Initiativen der Eurasischen Entwicklungsbank (EDB), plane die Bank, den Anteil grüner Projekte in ihrem Portfolio von derzeit 15 % auf 25 % bis 2026 zu erhöhen (Runder Tisch der Eurasischen Wirtschaftskommission zur Erreichung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung unter postpandemischen Bedingungen, 31. März 2022).

Die eigene Agenda der Republik Belarus in diesen Bereichen wird auf private und lokale Initiativen reduziert (z. B. werden regionale Foren zu nachhaltiger Entwicklung abgehalten), die nicht unbedingt einen direkten Bezug zu den SDGs haben, sondern oft eher künstlich in diesen Rahmen gepresst werden. Der Stellvertretende Wirtschaftsminister von Belarus T. Brantsevich äußerte sich bei einem Treffen des Rates für nachhaltige Entwicklung der Republik Belarus zu den Plänen für 2023: „Die Bemühungen werden sich in erster Linie auf die Entwicklung der Infrastruktur, die Modernisierung von Unternehmen, die Umsetzung importsubstituierender Projekte und lokaler Initiativen konzentrieren.

Die belarusischen Behörden bekennen sich weiterhin zu den SDGs und veranstalten nationale und regionale Foren, in denen trotz der gegen das Land verhängten Sanktionen über erfolgreiche Fortschritte bei der Erreichung der Ziele berichtet wird. Aufgrund von Sanktionen veränderte behördliche oder unternehmerische Strategien sind derzeit schwer zu bewerten. Unabhängige Akteure wurden vom Regime weitgehend ausgeschaltet, und auch internationale Expert*innen haben nur sehr begrenzten Zugang. Zudem ist seit der Einführung und insbesondere dem tatsächlichen Inkrafttreten der Sanktionen noch nicht viel Zeit vergangen. Auf Grundlage der zugänglichen Quellen lässt sich feststellen, dass sich die Politik der nachhaltigen Entwicklung nun v.a. auf lokale und regionale Projekte beschränkt. Vor dem Hintergrund der antiwestlichen Rhetorik wird die übliche staatliche Regulierung und Stimulierung der Wirtschaft nur oberflächlich in den Rahmen der SDGs gestellt. Die Tendenz der Zuwendung zum eurasischen „Ökosystem“ von Regeln und Entscheidungsmechanismen (oder seiner Nachahmung) gilt auch für den Bereich Energie, Klima und Ökologie, alternativ zu den westlichen Normen.

Aber die Auswirkungen von Sanktionen beschränken sich nicht auf die Änderung der Politik und des Verhaltens der Behörden. Sie wirken sich direkt auf eine Reihe von Aspekten der nachhaltigen Entwicklung aus.

Erneuerbare Energien ausgebremst

In den Jahren vor 2020 war in Belarus im Kontext der Klimaagenda eine deutliche Entwicklung erneuerbarer Energiequellen und eine Steigerung der Energieeffizienz zu beobachten. Im Jahr 2016 betrug die installierte Leistung von Solar- und Windkraftanlagen im Land 7 MW. Bis Anfang 2020 stieg diese Kapazität auf 266 MW.

Danach wurden bis Ende 2021 nur 6 MW (geschätzt auf Basis offener Quellen) an Solarmodulen eingeführt. Auch im Jahr 2020 stieg die Nutzung von Biogas deutlich an (von 16 auf 74 Tsd. Toe Öläquivalent). Daten zur Inbetriebnahme neuer Biogaskapazitäten in den Jahren 2021-2022 liegen nicht vor. In Belarus wird das Volumen der Inbetriebnahme neuer Kapazitäten von der Republikanischen Interministeriellen Kommission für die Einrichtung, Verteilung, Freigabe und Aufhebung von Quoten für die Schaffung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen festgelegt. Diese Kommission entschied, dass die Quoten für 2021 gleich 0 sein werden, was faktisch ein Verbot der Schaffung neuer RES-Kapazitäten bedeutet. Im Jahr 2022 wurden sehr niedrige Quoten für 2022 und 2023 in Höhe von 27,4 bzw. 102 MW festgelegt. Außerdem könnten 2023 knapp 70 MW aus einem Wasserkraftwerk und einer Müllverbrennungsanlage hinzukommen.

Unabhängig von den Quoten gab es für den Zubau von erneuerbaren Energien noch ein Instrument mit internationalen Projekten. Der Weggang von Investoren und Gebern, die diese Projekte förderten, führte jedoch zu einem Stillstand dieser Art der Entwicklung erneuerbarer Energiequellen.

Im Bereich der thermischen Energie gab es einen Trend zur Umstellung von Gas auf Holzhackschnitzel. Diese Projekte wurden im Rahmen des Energieeffizienzprogramms umgesetzt. Weitere Maßnahmen des Programms wurden u.a. von der Weltbank, der Northern Dimension Environmental Partnership, der Northern Environmental Finance Corporation und anderen Finanzinstitutionen der EU und anderer demokratischer Länder finanziert. Diese Investitionen sind ausgeblieben und der Ausbau der Biomassenutzung hat sich verlangsamt. Beispielsweise finanzierte die Weltbank im Zeitraum von 2015 bis 2020 das Projekt „Nutzung von Biomasse zur Fernwärmeerzeugung in Belarus“, in dessen Rahmen 14 Kesselhäuser auf Biomasse umgestellt wurden. Dieses Projekt sollte verlängert werden, aber nach dem unrechtmäßigen Verbleib des Regimes an der Macht im Jahr 2020 wurde das Projekt gestoppt und später abgebrochen.

Neben internationalen institutionellen Investoren im Bereich Ökologie war auch eine Vielzahl kleiner NGOs in Belarus tätig, die erfolgreich Fördergelder eingeworben und Projekte im Bereich Energieeffizienz und Reduzierung von Treibhausgasemissionen umgesetzt haben. Beispielsweise wurden nur im Rahmen der Initiative des Konvents der Bürgermeister für Klima und Energie Projekte in Braslav, Oshmyany, Bereza, Novogrudok, Chausy, Polotsk und anderen Regionen von Belarus in Höhe von mehr als 5 Millionen Euro durchgeführt. Die Teilnahme belarussischer Städte an dieser Initiative ist derzeit nicht mehr möglich.

Die Abteilung für Energieeffizienz des Staatlichen Komitees für Normung der Republik Belarus ist für die Politik im Bereich der Energieeffizienz und der Nutzung lokaler Ressourcen in Belarus verantwortlich. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit lag auf den staatlichen Wohnungsunternehmen und den kommunalen Diensten für Wasser, Wärme etc. Diese Struktur war offen genug, um mit NGOs zusammenzuarbeiten. Allerdings fehlten der Abteilung die Ressourcen und der Wille, im breiten Sinne die Bevölkerung zu adressieren. Die Schaffung von Bewusstsein für die Bedeutung individueller Konsum- und Verhaltensmuster für den Klimaschutz oblag praktisch allein den NGOs - die nun nicht mehr tätig sein dürfen.

Grafik: Electricity production Belarus

Neues Atomkraftwerk vergrößert Energieintensität

Anfang 2021 wurde der erste Block des neuen Kernkraftwerks Ostrovets in den kommerziellen Betrieb genommen. Das Hochfahren des zweiten Blocks war noch Ende 2021 für Sommer 2022 angekündigt, ist jedoch bis heute nicht erfolgt. Die Behörden berichten über eine Steigerung des Fertigstellungsgrades zwischen Februar und Oktober 2022 von 96 auf 97 Prozent.

Die Statistikbehörde hat noch keine Daten für 2021 veröffentlicht. Wir schätzen, dass die Energieintensität in Belarus im Jahr 2021 um etwa 6 % gestiegen ist. Diese Verschlechterung geht dabei sowohl auf die verringerte Effizienz des Endverbrauchs als auch auf die geringere Effizienz der Energieumwandlung zurück.

Die Abnahme des Wirkungsgrades der Energieumwandlung ist vor allem mit dem Anfahren des Kernkraftwerks verbunden. Der durchschnittliche Wirkungsgrad der Umwandlung von Brennstoff in Strom im Energiesystem von Belarus beträgt etwa 52 %, während dieser Wert bei Kernkraftwerken nur 37,5 % beträgt. Darüber hinaus erforderte der Netzanschluss eines so großen Blocks eine Änderung der Betriebsmodi anderer Blöcke, normalerweise in Richtung einer Verringerung ihrer Effizienz.

Darüber hinaus haben viele führende Unternehmen, die Technologien und Ausrüstung liefern, den belarussischen Markt verlassen, und die Durchführung von Aktivitäten ist aufgrund der geringeren Effizienz der verfügbaren Ausrüstung teurer oder unmöglich geworden.

Den aufkommenden Problemen bei der Entwicklung erneuerbarer Energiequellen und der Steigerung der Energieintensität wird keine ernsthafte Aufmerksamkeit geschenkt. Nach der Erfahrung vom Sommer 2020 achten die offiziellen Stellen nur noch auf das, was den Erhalt des bestehenden Regimes gefährden könnte oder was Lukaschenka selbst wichtig erscheint. Fragen des Ausbaus erneuerbarer Energiequellen und der Senkung des Energieverbrauchs sind nicht in der Liste der Schwerpunkte enthalten.

Gleichzeitig behalten erneuerbare Energiequellen in einigen Bereichen eine Chance für die Entwicklung. Am 16. April 2021 wurde das Dekret Nr. 153 über die Entwicklung der Elektrizitätswirtschaft unterzeichnet. Es definiert das Recht, die Netze des staatlichen Produktionsverbandes „Belenergo“ für die Übertragung elektrischer Energie zwischen Zweigen einer Organisation zu nutzen. Wahrscheinlich haben große industrielle Staatsbetriebe diese Regelung initiiert, um die Stromrechnungen durch den Aufbau eigener Kapazitäten senken zu können. Die wichtigste Art von Energiequellen, die diesem Erlass unterliegen, sind erneuerbare Energien, da nur für sie die geografische Lage einen großen Einfluss auf die Effizienz hat, was bedeutet, dass die Fähigkeit zur Netznutzung ein Schlüsselparameter ist. Daraus lässt sich auch schlussfolgern, dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern auch unter Berücksichtigung der Übertragungskosten durch die Netze gegenüber der Gas-basierten Erzeugung wettbewerbsfähig ist.

Austritt des Landes aus der Aarhus-Konvention

Am 24. Oktober 2022 trat der Beschluss zum Austritt von Belarus aus der Aarhus-Konvention in Kraft. Als Grund für diese Entscheidung nannten die belarussischen Behörden die "voreingenommene und diskriminierende Haltung seitens der Leitungsgremien der Konvention, die Tatsachen des Drucks auf einen souveränen Staat". Damit ist wohl gemeint, dass die Versammlung der Vertragsparteien der Aarhus-Konvention am 21. Oktober 2021 die zwangsweise Auflösung der Umweltorganisation „Ekodom“ verurteilt und die belarusische Regierung aufgefordert hatte, die Registrierung der Organisation wiederherzustellen.

Belarus versuchte zunächst, der UN-Wirtschaftskommission für Europa ein Ultimatum zu stellen, um den Beschluss aufzuheben, andernfalls würde es aus der Konvention austreten, und nannte den Beschluss der Versammlung der Vertragsparteien „eine von westlichen Ländern geplante Aktion zur Anprangerung von Belarus“. Die Entscheidung wurde nicht aufgehoben, Ekodom wurde nicht nur nicht wieder registriert, sondern noch vor der Entscheidung über den Austritt von Belarus aus der Konvention vom KGB als „extremistisch“ eingestuft.

Die Mechanismen der Aarhus-Konvention über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten greifen von nun an also nicht mehr. Die Öffentlichkeit und Nachbarstaaten sind nun nicht mehr in der Lage, Verstöße gegen die Standards zu melden. Es gibt keine Fortschrittsberichte und keine Empfehlungen für Gesetzesänderungen mehr. Und was noch wichtiger und besonders relevant ist: Im Juni 2022 wurde der Sonderberichterstatter für den Schutz von Umweltaktivist*innen gewählt. Leider wird sein Mandat nicht mehr die Prüfung von Berichten über die Verfolgung von Öko-Aktivist*innen in Belarus umfassen.

Einerseits hat der Austritt von Belarus den Bürgern die Möglichkeit genommen, ein zusätzliches Instrument zum Schutz ihrer Rechte auf internationaler Ebene zu nutzen, andererseits hat er nur die bereits bestehende Praxis der Nichteinhaltung der Bestimmungen der Konvention behoben. Aber es ist auch ein Schritt in Richtung noch größerer internationaler Isolation. So verurteilt die Entschließung des Europäischen Parlaments zu den anhaltenden Repressionen gegen die demokratische Opposition und die Zivilgesellschaft in Belarus den Austritt von Belarus aus der Aarhus-Konvention und die Verfolgung von Umwelt-NGOs.

Im Zusammenhang mit der Beteiligung von Belarus an der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine hat auch das Sekretariat des Europarates Einschränkungen der Beteiligung von Belarus an seinen Gremien und Konventionen auf den Weg gebracht. So wurde am 2. Dezember die belarussische Seite in ihren Rechten gemäß der Berner Konvention zur Erhaltung wildlebender Tiere und Pflanzen und ihrer Lebensräume eingeschränkt, so dass belarussische Kandidaten ihre Ansprüche und Möglichkeiten, in Gremien der Konvention gewählt zu werden, verloren haben.

Auch wurde Belarus nicht zur neunten Ministerkonferenz „Umwelt für Europa“ eingeladen, die im Oktober in Nikosia (Zypern) stattfand. Dies empörte das Ministerium für natürliche Ressourcen, das eine Erklärung herausgab, in der es feststellte, dass „die Republik Belarus zu Recht einer der fortschrittlichsten Staaten in der UNECE-Region im Bereich des Umweltschutzes ist. Und die UNECE nutzt durch ihre Aktionen die Politik der Isolation gegenüber der Republik Belarus“.

Zerschlagung zivilgesellschaftlichen Umweltengagements

In der Erklärung zum Austritt aus der Aarhus-Konvention unterstreicht die belarusische Regierung: „Ein solcher Austritt wird nicht die Einstellung der Verbesserung des nationalen Systems der Interaktion zwischen staatlichen Behörden und der Bevölkerung im Bereich der Umweltpolitik zur Folge haben. Die weitere Arbeit zur Gewährleistung der Verwirklichung der Rechte der Bürger (ihrer Vereinigungen) auf Informationen, Teilnahme am Entscheidungsprozess und Zugang zu Gerichten in Umweltfragen wird im Rahmen der belarussischen Gesetzgebung fortgesetzt.“ Dies bleibt jedoch schwer vorstellbar in einem Land, in dem in den letzten 2 Jahren über 1.100 öffentliche Organisationen, darunter etwa 90 Umweltorganisationen, liquidiert wurden. Strafverfahren gegen Umweltaktivist*innen wurden eingeleitet, Durchsuchungen durchgeführt, und in staatlichen Medien werden diffamierende Artikel gegen Vertreter von Umwelt-NGOs veröffentlicht, während unabhängige Medien im Inland zerschlagen wurden.

Der Sektor der aktiven öffentlichen Umweltorganisationen war auch vor 2020 relativ klein. Die bis heute andauernde Säuberungswelle hat jeden getroffen, unabhängig vom Thema der Aktivitäten von Organisationen oder ihrer Loyalität und früheren Interaktion mit staatlichen Stellen. Fast alle aktiven Umwelt-NGOs wurden liquidiert, einige von ihnen haben sich im Exil neu etabliert und versuchen, ihre Aktivitäten fortzusetzen. Die Mehrheit stellte jedoch entweder ihre Aktivitäten ein oder ging in die Phase des Wartens, der Anpassung oder der stillen Aktivität (mit dem Wunsch, bloß nicht öffentlich aufzufallen).

Wir können sagen, dass der Sektor in den letzten zwei Jahren mehrere Wellen der Anpassung an neue Bedingungen erlebt hat, zuerst das Coronavirus, Kontrollen, Liquidationen, für einige der Gang ins Exil und die Suche nach neuen Wegen, um mit Zielgruppen zu arbeiten, und im Februar 2022 der Krieg in der Ukraine. 

Unter den Bedingungen der Säuberung von NGOs, der Schließung unabhängiger Medien, des Rechtsverzugs und der Angst vor Repressalien ist es schwierig, zu verfolgen und objektive Informationen darüber zu erhalten, was in Umweltfragen vor Ort passiert. Wenn also früher viele Probleme dank aktiver Anwohner, der Expertise von Umwelt-NGOs und der Arbeit der Medien erkannt wurden, können viele Probleme heute leider aus dem Blickfeld verschwinden oder erst spät erkannt werden.

Gleichzeitig können Umweltprobleme nicht auf den demokratischen Wandel warten, daher stehen Organisationen sowohl vor der Herausforderung neuer Arbeitsweisen als auch der Entwicklung einer kohärenten Strategie für demokratischen Wandel mit einer Umweltagenda.

Übersetzung aus dem Russischen und Redaktion: Robert Sperfeld