Elisabeth Wiesnet, Ludwig-Maximilians-Universität München

Staatlich gelenkte Informationsverknappung als männliche Herrschaft? Empirische Sichtweisen zu § 219a StGB.

Mein Promotionsvorhaben setzt sich qualitativ-empirisch mit Deutungen zu und Umgangsweisen mit dem „Werbeverbot“ zu Schwangerschaftsabbruch in § 219a StGB auseinander. Sichtweisen zu staatlich gelenkter Informationsverknappung in der derzeit vielzitierten ,Informations- und Wissensgesellschaft´ (Bell 2018; Keller 2008) stehen im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Diese gesetzlich verfügte Beschränkung erscheint widersprüchlich angesichts des ansonsten explosionsartigen Anstiegs an verfügbaren Informationen, mit dem sich die Bürger*innen selbstständig auseinandersetzen können und müssen (ebd.). In Deutschland folgt die allgemeine Diskussion um Schwangerschaftsabbruch tendenziell der Vorstellung einer liberalen Öffentlichkeit (Gerhards 2008). Umso deutlicher erkenne ich in dieser Informationsbeschränkung einen Widerspruch. Zentral für meine Arbeit sind die individuellen Sichtweisen, Deutungen und Handlungsspielräume von betroffenen Akteur*innen im praktischen Umgang mit diesem Spannungsverhältnis von Informationsflut und Informationsverknappung.

Konkret soll folgende generative Fragestellung mein Forschungsvorhaben anleiten (Strauss 2004):

Wie gestaltet sich in der sozialen Praxis der Umgang von Akteur*innen mit den Beschränkungen der informationellen Selbstbestimmung bei Schwangerschaftsabbruch?

Im Fokus meiner Empirie stehen leitfadengestützte Interviews mit Konfliktberater*innen aus staatlich anerkannten Beratungsstellen mit unterschiedlicher Trägerschaft, Ärzt*innen, Aktivist*innen und Jurist*innen.

Ich bearbeite mein Promotionsvorhaben nach dem Forschungsstil der Grounded Theory und werde somit aus meinen empirischen Daten heraus eine gegenstandsbezogene Theorie bilden (Strübing 2008).Um sensibilisierende und tentative Fragen und Untersuchungsperspektiven zu generieren, verwende ich Pierre Bourdieus Konzept männlicher Herrschaft (2005).

Mit der Diskussion um Informationsbarrieren zum Schwangerschaftsabbruch ist es mir ein Anliegen, einen Beitrag zur Enttabuisierung der Thematik zu leisten.