Fliegen im Verkehrsvergleich

Fachleute in Deutschland und der EU berechnen die ökologische Rangfolge der Transportmittel. Ein Beitrag aus Oben - Ihr Flugbegleiter➢ Zu unserem Online-Dossier "Fliegen".

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Verdeckte Kosten: Auto, Bus, Bahn und Flugzeug im Vergleich (vollständige Grafik weiter unten). Quelle: CE Delft et al

Mit der Bahn? Dem Auto? Dem Bus? Oder gar dem Flugzeug? Was die umweltfreundlichste Reise von A nach B ist, hängt davon ab, wie modern das Verkehrsmittel sein soll, wie viel Zeit zur Verfügung steht, wie gut ausgebaut die Infrastruktur ist und wo die Orte A und B liegen. Auch die Zahl der Mitreisenden spielt eine Rolle: Je mehr Menschen je länger gemeinsam unterwegs sind, umso besser wird die Ökobilanz pro Kopf. Auch wenn zur Zeit noch durch das rasante Wachstum des globalen Luftverkehrs die ökologische Belastung insgesamt steigt.

Kommunale Verkehrswende

E-Mobilität, Ride Sharing, ÖPNV: Wir zeigen die besten Praxisbeispiele für die kommunale Verkehrswende in Deutschland und Europa. Und fragen: Wie sieht die lebenswerte Stadt der Zukunft aus?

Antworten gibt es in unserem Dossier zu Kommunalen Verkehrswende. 

Paradox: Der Boom des Luftverkehrs macht die einzelnen Reisen umweltfreundlicher. Nicht nur technische Verbesserungen, sondern auch effizientere Betriebsabläufe sowie längere und damit verbrauchsgünstigere Flugdistanzen lassen den Kerosinverbrauch der deutschen Flotte fortlaufend sinken. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hat dazu 2015 einen „Energieeffizienzreport“ veröffentlicht. Lag der Verbrauch 1990 noch bei 6,3 Liter pro Passagier und 100 Kilometern, ist er 2014 auf 3,6 Liter gefallen (Grafik links unten). Auf Kurzstrecken (bis 800 Kilometer) liegt er bei 4,2 bis 6,8, auf Mittelstrecken (800 bis 3.000 Kilometer) bei 2,6 bis 4,2 Litern und auf Langstrecken (über 3.000 Kilometer) bei 2,9 bis 3,5 Litern. Reine Touristikflüge verbrauchen im Schnitt pro Person weniger Kerosin, weil sie tendenziell langfristig geplant und gebucht werden und in der Regel höher ausgelastet sind als Linienflüge.

 

Quelle: Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL)

Der Durchschnittswert von 3,6 Litern für Deutschland, der auf Angaben der BDL-Mitglieder beruht, entspricht ungefähr den 4,9 Litern Benzinäquivalent, die das Computermodell „Tremod“ (Transport Emission Control) für 2014 ermittelt hat. Tremod wird von den Bundesministerien, den Automobilherstellern, der Bahn und dem Umweltbundesamt genutzt. Mit 6,1 Litern liegt der Treibstoffverbrauch von Autopassagieren deutlich über dem von Fluggästen, weil im Durchschnitt nur eineinhalb Personen in einem Pkw fahren, aber 71 Prozent der Flugzeugsitze belegt sind. Anders sieht die Luftverkehrsbilanz bei den Emissionen von Treibhausgasen aus. Werden sie in Kohlendioxidäquivalente umgerechnet, um sie vergleichbar zu machen, entfallen im Mix 21,1 Kilogramm auf eine 100 Kilometer weit fliegende Person. Wer das Auto nimmt, stößt 14,2 Kilogramm aus, und mit 3,2 Kilogramm fahren auch hier die Reisebusse wieder vorneweg. Mit 4,1 Kilogramm im Fernverkehr und 6,7 Kilogramm im Nahverkehr ist die Bahn schlechter dran. Bei der Übertragung vom Kraftwerk auf den Zug geht Antriebsenergie verloren, und auch die Kraftwerke selbst stoßen große Schadstoffmengen aus. Bei vielen weiteren Emissionen weist der Schienenverkehr allerdings bessere Werte auf als der Straßen- und Luftverkehr (Tabelle oben). Durch Kondensstreifen und die Bildung von Zirruswolken in großen Höhen ist die Belastung des Klimas durch den Luftverkehr möglicherweise noch bedeutend höher als bisher angenommen. Allerdings fehlen dazu bislang Daten.

 

Quelle: Umweltbundesamt (UBA)

Die EU bemüht sich seit 1999, genauere Kosten des Verkehrs zu errechnen: solche, die in der Gesellschaft oder Natur entstehen und nicht von den am Verkehr Teilnehmenden finanziert werden. Diese „externalisierten“ Kosten entstehen durch Staus und Unfälle, Luft- und Lärmverschmutzung, Boden- und Wasserverunreinigung, durch Klimawandel und Bodenversiegelung. Kalkuliert wird, was sich in Geld ausdrücken lässt, anhand von Fragen wie: Was würde es kosten, diese Schäden zu beseitigen oder zu vermeiden? Wie stark wird eine Volkswirtschaft durch Leerlauf, Krankheit und vorzeitigen Tod, durch Ernteausfälle oder den Rückgang der Biodiversität belastet?

Die Berechnungen für 2014 waren so genau, dass die EU-Fachleute beispielsweise den Fluglärm durch eine Landung und einen Start in Luxemburg mit externalisierten Kosten von 285 Euro veranschlagen konnten; in Warschau waren es nur 27 Euro. Große Unsicherheiten gibt es noch bei der Frage, wie der Klimawandel zu Buche schlägt. Beispielsweise lässt sich kaum plausibel kalkulieren, welcher Anteil an Überschwemmungs- oder Sturmschäden sich der Erderwärmung zurechnen lässt. Im Vergleich der Verkehrsträger, den die EU für das Jahr 2008 aufgestellt hat (Grafik unten), zeigen sich solche Ungewissheiten vor allem beim Flugverkehr, weil er die meisten Treibhausgase emittiert. Ein Resümee ist aber doch schon möglich: Bei maximaler Schädlichkeit der Emissionen liegen Flug- und Autoverkehr bei den externalisierten Kosten ungefähr gleichauf.

 

Quelle: CE Delft et al