Aufeinander bauen – You only live once!

Teilnehmende am Thementisch
Teaser Bild Untertitel
Die Teilnehmenden diskutieren in einer kleinen Gruppe das Thema "Jugendgerechte Stadt"

„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“ Diese Provokation stellte der Poetry Slammer Jon Lorenzen an den Anfang seines Textes, der den Themennachmittag für die junge Generation eröffnete. Das Zitat war zur Überraschung vieler nicht aus der Gegenwart gegriffen, sondern stammt vom Philosophen Sokrates. Sein 2500 Jahre altes Zitat zeigt: Spannungen zwischen den „alten Weisen“ und der Jugend gab es schon immer.

Unter dem Titel „Aufeinander bauen – You only live once!“ kamen am 22. Mai 2014 junge Menschen in der Heinrich-Böll-Stiftung zusammen, um sich über die Zukunft der Generationengerechtigkeit auszutauschen. Die Veranstaltung bildete den Abschluss der Thementisch-Reihe. Bereits im Vorfeld fanden zwei weitere Veranstaltungen statt, an denen sich zunächst Ältere und Weise, sowie die sogenannte „Sandwich“-Generation trafen. Ziel der Themenabende für die verschiedenen Generationen war es, einen Austausch über gemeinsame Perspektiven zu ermöglichen, bevor alle auf dem großen Kongress „Baustelle Neuer Generationenvertrag“ (27.-29 Juni 2014) zusammentreffen werden. Durch den Tag führte David Weigend vom SV-Bildungswerk. Er lud die Teilnehmenden ein, sich in Kleingruppen zu verschiedenen Themen Gedanken zu machen und auszutauschen, die sich allesamt an der Schnittstelle Generationengerechtigkeit bewegten. Diskutiert wurden Perspektiven einer jugendgerechten Stadt, die Potenziale von Bildungseinrichtungen, die Überwindung von Stereotypen sowie Umwelt- und digitale Themen.

„Zeit haben zum Scheitern“

Um an dieser Stelle einen kurzen Einblick in die Diskussionen zu geben, seien exemplarisch zwei Kleingruppen genauer betrachtet. Am Thementisch „Mein Weg“ beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der Frage, ob die Gesellschaft das Potenzial der Jugend erkenne und wie sie Bildungsangebote für jede Lebensphase bereithalte. Dabei lag der Fokus nicht auf den institutionellen Veränderungen, sondern auf den Bedürfnissen der Lernenden aller Altersstufen.

„Du sollst Zeit haben, dich selbst zu finden“, wünschte sich der Berliner Student Valentin. Heutzutage stiegen die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt und somit auch der gesellschaftliche Druck für die Jüngeren. Flexibilität war ein häufig genannter Aspekt in der Diskussion. Damit gemeint war zum einen das Hervorbringen ständig neuer Berufsbilder und damit einhergehend auch das Bedürfnis nach ständiger Weiterqualifizierung. Zum anderen kann Flexibilität auch einen leichteren Zugang für Quereinsteiger/innen ermöglichen und Zeit zum Ausprobieren in verschiedenen Branchen meinen.

Der Wunsch nach einer bedingungslosen sozialen Absicherung klang dabei auch bei vielen Teilnehmenden heraus. Verbunden damit war der Wunsch, dass Existenz- und Zukunftsängste der Vergangenheit angehörten und mehr Zeit für Innovation und kreative Lebensentwürfe bliebe.

Einfach so leben wie ich will und wie ich bin!

Unter dem Titel „Alphamädchen, Betaboys?“ wurde die Frage eines neuen Selbstbewusstseins fernab von Stereotypen diskutiert.

Die Gesellschaft müsse sich von ihren schwarz-weiß gedachten Familienkonzepten mit traditioneller Vater-Mutter-Kind-Bindung verabschieden und offener sein – gegenüber Alleinerziehenden, homosexuellen Pärchen mit Kind oder Patchwork-Familien. „Wir müssen an Traditionen rütteln!“, fasste es die 21-jährige Alexandra Werwarth kämpferisch zusammen.

Damit einher geht ein kritisches Hinterfragen von Erziehungsbildern, die bestenfalls in einer Reformierung des Erziehungsrechtes münden solle. Auch waren sich die Diskutanten am Tisch einig, dass die Zeit längst reif dafür sei, homosexuellen Paaren die Adoption in Deutschland gesetzlich zu gestatten und zu erleichtern.

Ich kaufe mir ein iPhone und eine Hornbrille aus Fensterglas und gründe dann mein Technokollektiv

Lyrisch setzte sich Jon Lorenzen mit dem Bild der Jugend in den Medien auseinander. Er befand, dass in den Medien ein durch und durch klischeehaftes Bild der Jugend vorherrsche. Dargestellt wird die Jugend wahlweise als Generation Facebook, Generation Praktikum oder auch Generation Politikverdrossen. Genauso wie Sokrates damals schimpfte, gibt es auch heute noch die Vorstellung, dass die „jungen Leute von heute“ apolitisch und materialistisch seien.

Die Veranstaltung war ein klarer Gegenbeweis zum klischeehaften Jugendbild. Denn es zeigte sich an diesem Nachmittag, dass es durchaus junge Menschen gibt, die aktiv ihre Gesellschaft mitgestalten und den Dialog zu älteren Generationen suchen.

Der allgemeine Tenor der jungen Teilnehmenden war ein Plädoyer für mehr Offenheit, Zeit, Chancengleichheit und Freiheit. Dies alles sind nach ihrer Auffassung selbstverständliche Forderungen, die jedoch in der Realpolitik kaum mehr vorkommen.

 

 

Poetry Slam: "Bild der jungen Generation im Spiegel der Medien" von Jon Lorenzen
im Rahmen der Veranstaltung "Aufeinander bauen - You only live once! Auf dem Weg zu einem neuen Generationenvertrag: Ein Nachmittag für alle unter 25" am 22. Mai 2014
 



 

Fotos der Veranstaltung "Aufeinander bauen - You only live once! Auf dem Weg zu einem neuen Generationenvertrag: Ein Nachmittag für alle unter 25" am 22. Mai 2014

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