Der Freundeskreis lädt ein – eine Gesprächsreihe

Bei den öffentlichen Abendveranstaltungen bringen Freundinnen und Freunde als Referent/innen ihre Expertise ein oder moderieren Podien zu Themen ihres Interesses; geförderte Personen stellen ihre Projekte vor. Im Anschluss gibt es jeweils Gelegenheit zum informellen Austausch.

Ein Flüchtlingsleben in Deutschland - 20 Jahre nach Srebrenica
Seber Avdic im Gespräch mit Hartmut Bäumer

Seber Avdic stammt aus Bratunac, einer Nachbargemeinde von Srebrenica. Dort kam es 1992 zu einer „ethnischen Säuberung“ durch Milizionäre der Republika Srpska. Herr Avdic konnte in letzter Minute aus einem Folterzentrum entkommen und mit seiner Frau und drei kleinen Kindern fliehen, noch im selben Jahr erreichten sie Deutschland. Drei Jahre später kam es in der UN- Schutzzone Srebrenica zum größten Kriegsverbrechen in Europa nach dem 2. Weltkrieg mit mehr als 8000 ermordeten bosnischen Jungen und Männern. Unter ihnen befanden sich mehrere seiner Vettern und deren Söhne.

Hartmut Bäumer, als ehemaliger Regierungspräsident in Gießen damals mit den Flüchtlingen befasst, kennt Seber Avdic seit über 20 Jahren. Auf einer Veranstaltung der Freundinnen und Freunde sprachen sie über ein Flüchtlingsleben in Deutschland.

Dieser externe Inhalt erfordert Ihre Zustimmung. Bitte beachten Sie unsere Datenschutzerklärung.

video-thumbnailOpen external content on original site

 

„Dancing with Life or Running Away“ – Theater und Literatur in Zimbabwe. Lesung und Diskussion mit Christopher Mlalazi

Christopher Mlalazi zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern und Theaterautoren des gegenwärtigen Zimbabwes. Seine Kurzgeschichtensammlung „Dancing with Life“ und seine Theaterstücke parodieren den Alltag in einem Land, in dem die Gegensätze zwischen Arm und Reich immer größer werden und der Regierungsstil absurde Blüten treibt. Sein jüngst auf Deutsch erschienener Roman „Wegrennen mit Mutter“ erzählt von der „Operation Gukurahundi“, dem Anfang der 1980er von der jungen Regierung um Robert Mugabe angeordneten Genozid an die Ndebele. Christopher Mlalazi las im Wechsel mit Studierenden der Theaterwissenschaft aus seinen Werken und diskutierte anschließend mit Julius Heinicke und dem Publikum über die Bedeutungen und Herausforderungen von Literatur und Theater im gegenwärtigen Zimbabwe. Ein ausführlicher Veranstaltungsbericht wird folgen, die Studierenden arbeiten noch daran.

 


 

Erhobenen Hauptes. (Über)Leben im Kibbuz Ma‘abarot. Filmvorführung und Diskussion

„Erhobenen Hauptes – (Über)Leben im Kibbuz Ma'abarot“ ist der Titel eines Dokumentarfilmprojekts der Gruppe DocView. Im Mittelpunkt stehen fünf Menschen, die auf ganz unterschiedlichen Wegen aus dem nationalsozialistischen Deutschland nach Israel bzw. Palästina kamen. Heute leben sie im Kibbuz Ma'abarot in Israel. Die Filmemacherinnen und Filmemacher sind sowohl an den Geschichten ihrer Verfolgung als auch am Weiterleben im Kibbuz und in Israel interessiert.

DocView –das sind acht junge Leute, von denen die meisten in der Entstehungszeit des Films noch studierten. Ihr Film richtet sich besonders an junge Leute. Ohne das Projekt hätten die Filmemacher/innen und all diejenigen, die den Film sehen werden, vermutlich keine Chance mehr, von den Lebensgeschichten der Protagonist/inn/en zu erfahren und umgekehrt hätten diese vielleicht keine Möglichkeit, ihre Geschichte anderen zugänglich zu machen – eine weitere Motivation für die Gruppe, sich mit dem Thema zu befassen.

Die Projektidee wurde von DocView gemeinsam entwickelt und auch gemeinsam umgesetzt. Die Gruppe versucht, hierarchiefrei zu arbeiten und hat beispielsweise – für ein Filmprojekt ungewöhnlich – keine/n Regisseur/in, sondern entscheidet in der Gruppe gemeinsam, welche Schwerpunkte im Film gelegt werden sollen.

„Erhobenen Hauptes – (Über)Leben im Kibbuz Ma'abarot“ wurde von den Freundinnen und Freunden in der Entstehung gefördert. Wir haben uns deshalb besonders gefreut, den Film kurz nach der Fertigstellung in der Stiftung präsentieren zu können. Nach dem Screening gab es die Möglichkeit des Gesprächs mit 3 Mitgliedern des Regiekollektivs.

Zur Deutschland-Premiere von Erhobenen Hauptes. (Über)Leben im Kibbuz Ma’abarot am Montag, den 21.10.2013 im Kino des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt am Main hatte das DocView-Team 2 Freikarten für die Freundinnen und Freunde zur Verfügung gestellt. Hildegard Scheu hat eine davon nutzen können und schrieb danach: „Der Film ist sehr gelungen und sehr bewegend – uns hat er gut gefallen, auch die anschließende Gesprächsrunde, bei der einer der Protagonisten, Zvi Cohen - anwesend war, hat nochmal Einiges ergänzt und vertieft. Ich fand bemerkenswert, dass es eine Gruppe junger Leute ist, die sich des Themas angenommen und Holocaust-Überlebende im Kibbuz mit der Kamera begleitet hat – Zvi Cohen sagte dann auch, dass es zwei Generationen braucht, um sich dem Schrecken und dem Danach stellen zu können, auch er habe 20 Jahre lang geschwiegen. Ich war 1978 mal mit einer Gruppe junger Deutscher in einem israelischen Kibbuz, wir haben damals – neben der Mitarbeit in der Küche und auf den Plantagen - mit den Kibbuzim den Film Holocaust in mehreren Teilen miteinander angesehen – das war sehr beklemmend, und hinterher darüber geredet wurde kaum. Die Förderung des Filmes durch den Freundeskreis hat mit dazu beigetragen, dieses wichtige Projekt umzusetzen. Jetzt sollte für eine weite Verbreitung, auch in Schulen und Bildungseinrichtungen, gesorgt werden.“

Derzeit ist der Film noch nicht frei verfügbar. Sobald letzte (rechtliche) Fragen geklärt sind, können wir den unter Creativ Commons-Lizenz stehenden Film auch hier zum Download anbieten.


InderKinder - ein Gespräch über Zuschreibungen und Zugehörigkeiten

Die Metapher 'Zwischen den Stühlen sitzen' gehört zur deutschen Integrationsdebatte und ist vermutlich allen in Deutschland Lebenden bekannt. Angenommen wird, dass die zwischen-den-Stühlen Sitzenden aus 'unterentwickelten' Ländern kommen. Da Indien nach weißem deutschem Maßstab ein Status von 'Unterentwicklung' anhaftet, wird auch der zweiten Generation Inderinnen und Indern unterstellt, sie würden zwischen einer 'indischen Kultur' und einer 'deutschen Kultur' sitzen. Dabei sitzen sie höchstens zwischen einengenden Erwartungen, schreibt die in Berlin geborene Pia Thattamannil in InderKinder.

Der Titel des Buches verweist auf die von Jürgen Rüttgers im März 2000 ausgerufene Kampagne "Kinder statt Inder", die auf die Green-Card-Initiative fur sogenannte Computer-Inder, also Fachleute im IT-Bereich, replizierte und die die Gruppe der in Deutschland leben Menschen mit biographischem Bezug zu Indien erstmals in den Fokus einer rassistischen Kampagne rückte. In der Auseinandersetzung mit der Kampagne lässt sich einiges über das deutsche Indienbild, das deutsche Bild von Fremden überhaupt und vor allem etwas über die Ängste 'der Deutschen' lernen. Die Wortschöpfung InderKinder im Buchtitel ist dabei eine selbstbewusste und ironisierende Aneignung dieser rassistischen Ausgrenzung.

Die Beitragenden des Buches Merle Kröger, Nivedita Prasad und Pia Thattamannil diskutierten am 11. Juni 2013 gemeinsam mit der 1968 nach Deutschland gekommenen Journalistin Navina Sundaram aus einer rassismuskritischen und feministischen Perspektive über Zuschreibungen und Zugehörigkeiten in Deutschland sowie über die Bedeutung und Begrenzungen der Kategorie InderKinder hierbei.

Mit:
Merle Kröger, Filmemacherin und Autorin, Berlin
Nivedita Prasad, Alice Salomon Hochschule Berlin, Trägerin des Anne-Klein-Frauenpreises 2012, Berlin
Navina Sundaram, Journalistin, Hamburg
und Pia Skariah Thattamannil, Doktorandin am Institut fur Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft, Marburg

Moderation:
Urmila Goel, Kultur- und Sozialanthropologin, Herausgeberin von InderKinder. Über das Aufwachsen und Leben in Deutschland


Audre Lorde. The Berlin Years 1984 -1992 - Filmvorführung und Gespräch

Audre Lorde, die einflussreiche, preisgekrönte afro-amerikanische lesbische Dichterin lebte und lehrte in den 80ern in West-Berlin. Während ihres Aufenthaltes als Gastprofessorin wurde sie zur entscheidenden Mentorin und Initiatorin der Afro-Deutschen Bewegung. Die weißen Deutschen forderte sie dazu heraus, die Bedeutung ihrer weißen Privilegien zu erkennen und mit Unterschiedlichkeiten auf konstruktive Weise umzugehen.

Der von den Freundinnen und Freunden in der Entstehung geförderte Dokumentarfilm von Dagmar Schultz „Audre Lorde – Die Berliner Jahre 1984 bis 1992“ zeigt, wie Audre Lorde mit dieser Einstellung auf die Communities von weißen und schwarzen Menschen einwirkte und ist ein beeindruckendes Dokument der Aufenthalte der Schriftstellerin in Deutschland. Ganz nebenher zeigt der Film auch viel vom Flair der Mauerstadt. Ein Jahr ist vergangen, seit der Film seine Weltpremiere auf der Berlinale hatte. Inzwischen ist der Film auf mehr als 40 Festivals gelaufen – und am 21. Mai freuten sich die Freundinnen und Freunde, den Film in der Stiftung präsentieren zu können. Im Anschluss führte Vera Lorenz, Pressesprecherin der Heinrich-Böll-Stiftung, ein Gespräch mit der Regisseurin Dagmar Schultz und Ika Hügel-Marshall, Co-Autorin des Filmskripts.

Mehr unter http://www.audrelorde-theberlinyears.com/


Anna & Saihou. Eine Liebesgeschichte - Filmvorführung und Diskussion

Saihou stammt aus Gambia und ist Asylbewerber, er darf das Bundesland Baden-Württemberg nur mit einer Genehmigung verlassen. Seine Freundin Anna wohnt in Berlin. Die beiden träumen von einer gemeinsamen Zukunft – doch um zusammen leben zu können, müssten sie heiraten. Die Behörden weigern sich, das dafür notwendige Ehefähigkeitszeugnis auszustellen. Dann der Schock: Saihou muss Deutschland binnen vier Wochen verlassen, sonst wird er abgeschoben.

In ihrem Dokumentarfilm „Anna & Saihou. Eine Liebesgeschichte“ berichtet Denise Dismer über die Lebensbedingungen von Asylbewerbern in Deutschland, über die Benachteiligung von binationalen Paaren – und über die Liebe. Die Freundinnen und Freunde der Heinrich-Böll-Stiftung förderten die Entstehung und die Postproduktion und freuten sich sehr, die Welturaufführung des bei aller Schwere sehr fröhlichen Films in der Stiftung präsentieren zu können.

Nach der sehr gut besuchten Vorführung am 7. Mai gab es die Möglichkeit der Diskussion mit der Regisseurin Denise Dismer, den Hauptpersonen und deren Anwältin Beate Böhler, die den beiden einen Weg durch den Dschungel des deutschen Asyl- und Ausländerrechts gebahnt hat. Unter der Moderation von Karin Heuer (umdenken, Hamburg) entwickelte sich eine lebhafte Diskussion zu den Themen Willkommenskultur, Arbeitsverbot von Asylsuchenden und Residenzpflicht.


Moderne Sklaverei in Deutschland

Haushaltsangestellte von Diplomatinnen und Diplomaten kämpfen um Menschenrechte Sklaverei in Deutschland? Das halten die wenigsten Menschen für vorstellbar, doch nicht in der heutigen Zeit. Im Rahmen der Jahresversammlung der Freundinnen und Freunde der Heinrich-Böll-Stiftung am 14. September 2012 widmeten sich Nivedita Prasad und Barbara Unmüßig aber genau diesem Thema – denn es ist eben leider doch eines.

Denn Hausangestellte von Diplomatinnen und Diplomaten haben de facto keinen Zugang zum Recht, wenn sie gegen ihre Arbeitgeberinnen oder Arbeitsgeber juristisch vorgehen wollen: Diese sind durch diplomatische Immunität geschützt. Damit sich dies perspektivisch ändert, haben die Beratungs- und Koordinationsstelle gegen Menschenhandel Ban Ying und das Deutsche Institut für Menschenrechte versucht, einen Präzedenzfall durch alle Instanzen zu klagen. In dem Fall „Dewi Ratnasari“ geht es um eine indonesische Hausangestellte, die von einer saudischen Diplomatenfamilie in Berlin extrem ausgebeutet und misshandelt wurde.

Nivedita Prasad, Trägerin des Anne-Klein-Frauenpreises der Heinrich-Böll-Stiftung 2011 und Koordinatorin bei Ban Ying, stellte die generelle Situation von Hausangestellten von Diplomatinnen und Diplomaten in Berlin sowie die Einzelheiten des Präzedenzfalles „Dewi Ratnasari“ vor. Besonderes Augenmerk legte sie dabei auf die Darstellung der schwierigen Arbeit von Organisationen wie Ban Ying und deren Erfindungsreichtum, wenn es um die Schaffung von Kontaktmöglichkeiten für die Betroffenen geht. Denn diese nehmen in der Regel nicht am öffentlichen Leben teil und haben so wenig Kontakt außerhalb ihres Arbeitsortes, dass es viel Einfallsreichtum bedarf, um ihnen Hilfemöglichkeiten überhaupt aufzeigen zu können.

Nivedita Prasad erhielt den Anne-Klein-Frauenpreises der Heinrich-Böll-Stiftung unter anderem für ihr herausragendes Engagement für die Rechte von Menschen, zumeist Frauen, in prekären Beschäftigungs- bzw. Ausbeutungsverhältnissen.

Mehr unter www.boell.de/annekleinfrauenpreis
Weitere Informationen zum Thema auch unter www.ban-ying.de