Zehn Jahre Publish what you pay - eine Kampagne feiert Geburtstag

250 Delegierte aus 62 Ländern feierten in Amsterdam den runden Geburtstag. Foto: Publish what you pay.

3. Dezember 2012
Heidi Feldt
Als 2002 eine kleine Gruppe von Nichtregierungsorganisationen (NRO) in London die Kampagne „Publish what you pay“ (PWYP) gründeten, um ihrer Forderung nach Transparenz im Erdöl- und Bergbausektor mehr Nachdruck zu verleihen, war noch nicht abzusehen, dass sie zehn Jahre später die größte internationale Koalition von NROs im Rohstoffsektor sein würde. Im September konnte diese Koalition ihren runden Geburtstag mit 250 Delegierten aus 62 Ländern in Amsterdam feiern. Dieser Beitrag will kurz darstellen, warum diese Kampagne so erfolgreich ist und vor welchen Herausforderungen sie jetzt steht.

Was ist und was will die Kampagne Publish what you pay

In den 1990er Jahren haben Untersuchungen von Global Witness, Human Rights Watch, Save the Children Fund und vielen anderen verdeutlicht, dass durch Bestechung und Korruption im Rohstoffsektor den öffentlichen Haushalten in vielen rohstoffreichen Ländern Afrika, Asiens und Lateinamerikas Milliardensummen verloren gehen. Druck auf Regierungen auszuüben, die Korruption einzustellen, hatte sich nicht als sehr erfolgreich erwiesen. Die Nichtregierungsorganisationen forderten daher von den Bergbau-, Erdöl- und Erdgasunternehmen ihre Zahlungen an Regierungen zu veröffentlichen. Daher der Name „Publish what you pay“.

Anfänglich wurde die Kampagne belächelt. Weltbankvertreter gaben ihr keine Chance, die Forderung durchzusetzen. Zu sehr sei Bestechung und Korruption inhärent im Rohstoffsektor. Aber die NRO-Kampagne fand wichtige Fürsprecher und Unterstützer. Allen voran George Soros, der durch das Open Society Institute und Revenue Watch Institute die Kampagne finanziell wie politisch unterstützte. Diese Unterstützung hat der Kampagne wichtige Türen geöffnet.

Die zentrale Aussage der Kampagne war einfach: Die Menschen in rohstoffreichen Ländern haben ein Recht darauf, dass ihnen der Rohstoffreichtum zu Gute kommt. Sie haben das Recht zu wissen, wie viel ihr Land aus dem Rohstoffabbau erhält, denn Bodenschätze sind fast überall auf der Welt Eigentum der Bevölkerung eines Landes. Diese Konzentration auf eine einfache Kernaussage unterlegt mit gut recherchierter Information war ein wichtiger Faktor, um das Anliegen der Kampagne auf der politischen Ebene, z.B. der G8 Staaten, zu verankern.

Und natürlich war die Gründung 2003 der Extractive Industry Transparency Initiative (EITI) ein wichtiger Meilenstein für die Kampagne.  Die intensive Mitarbeit in EITI, einer freiwilligen Initiative zur Transparenz im Rohstoffsektor, war zu Beginn in PWYP nicht unumstritten, aber diejenigen die in EITI eher eine Chance für mehr Transparenz sahen, haben sich durchgesetzt und so hat PWYP wesentlich dazu beigetragen, dass die zivilgesellschaftliche Beteiligung in EITI auf internationaler und nationaler Ebene ein zentraler Bestandteil der EITI-Umsetzung ist.
 
Die Mitarbeit in EITI war für PWYP auch deshalb so wichtig, weil dadurch viele Nichtregierungsorganisationen aus Afrika, Asien und Lateinamerika in die aktive Arbeit einbezogen wurden. War PWYP in den ersten Jahren auf Europa und Nordamerika konzentriert, dehnte sich die Koalition in den Folgejahren auf heute über 700 Mitgliedsorganisationen aus über 60 Ländern aus. Damit verschob sich auch der Fokus der Kampagne

Publish what you earn – publish how you spend it

Für die Nichtregierungsorganisationen aus dem Süden war es genauso wichtig, von ihren Regierungen Rechenschaft einzufordern. Die Kampagne erweiterte ihr Mandat um „Publish what you earn – publish how you spend it“.

Auf der PWYP-Konferenz in Amsterdam wurde allerdings deutlich, dass es der Kampagne in vielen Ländern noch nicht gelungen war, Transparenz mit der Diskussion um die öffentlichen Haushalte und deren Mittelverwendung zu verbinden.
 
Verbindliche Offenlegung der Zahlungen

Mit der Forderung nach verbindlicher Offenlegung der Zahlungen von Rohstoffunternehmen an Regierungen ist die Kampagne in den letzten zwei Jahren ein gutes Stück vorangekommen:

In den USA ist die Transparenzpflicht für Bergbau-, Erdöl- und Erdgasunternehmen, die an US-Börsen gehandelt werden, Teil eines größeren Gesetzes zur Finanzmarktregulierung (Dodd Frank ACT). Die Börsenaufsicht hat 2012 die Umsetzungsbestimmungen dazu verabschiedet. So dass diese Bestimmung jetzt in Kraft tritt (Allerdings versucht das American Petroleum Institute, eine Lobbyinstitution der US amerikanischen Erdölindustrie dies durch eine Klage zu verhindern).  

In der EU hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine ähnliche Regulierung vorgelegt, dem der zuständige Ausschuss des Parlaments bereits zugestimmt hat. Zur Zeit wird im Trialog zwischen EU-Rat, Parlament und Kommission geklärt, wie die EU-Regulierung aussehen wird.

Die Kampagne ist erfolgreich: sie hat ihre Forderungen auf der politischen Agenda wichtiger Institutionen verankert, ist ihrem Ziel der verbindlichen Transparenzpflicht einen großen Schritt näher gekommen. Für PWYP stellt sich daher die Frage, wie weiter arbeiten:

  • sich auflösen, wenn in der EU und in weiteren Ländern wie Kanada, Australien verbindliche Regulierungen beschlossen sind,
  • sich auf die Arbeit in EITI konzentrieren, was vor allem für die Nichtregierungsorganisationen in EITI Umsetzungsländern eine Option wäre, oder
  • das Mandat erweitern und die Koalition weiterentwickeln.
Diese Frage wurde auf der Konferenz in Amsterdam diskutiert. Vorausgegangen war ein einjähriger Evaluierungs- und Reflexionsprozess, der externe Evaluierungen, Befragungen der nationalen Koalitionen und regionale Workshops umfasste.

Erweiterung des Mandats
Die Mitgliedskoalitionen der PWYP Kampagne haben dafür gestimmt, die Kampagne weiterzuentwickeln und das Aufgabenfeld zu erweitern, um die Themen:

  • soll überhaupt abgebaut werden und unter welchen Bedingungen "Publish why you pay and how you extract"
  • Wer entscheidet darüber? Welche Rolle spielt die lokale Bevölkerung in dem Zusammenhang und die Forderung auf das Recht nach freier, früher und informierter Zustimmung (Free Prior Informed Consent) für die lokale Bevölkerung. 
  • Transparenz muss die gesamte Entscheidungskette im Rohstoffsektor umfassen, so ist z.B. die Offenlegung der Verträge wichtig, um zu wissen, unter welchen Bedingungen Rohstoffe abgebaut werden.

PWYP gibt mit diesem breiten Zugang zur Rohstoffproblematik die punktbezogenen Forderungen auf und verliert dadurch vielleicht etwas an politischer Schlagkraft, andererseits war die strategische Erweiterung dringend notwendig und hat sich aus der Arbeit selbst ergeben. Wie die Mitgliedskoalitionen ihre nationale Arbeit strategisch erweitern, werden diese in den nächsten Monaten diskutieren.

Und noch eine wichtige Entwicklung zeichnet sich ab: mehrere Mitgliedsorganisationen in rohstoffreichen Ländern beginnen Vorstellungen zu entwickeln, wie denn eine Entwicklung ihres Landes ohne Bergbau oder Erdölförderung (Post-Extraktivismus) aussehen könnte. Sie bauen dabei auch darauf, dass zivilgesellschaftliche Organisationen in den Industriestaaten ihrerseits darauf drängen, dass weniger (neue) Rohstoffe verarbeitet werden. Daraus lässt sich (noch) keine gemeinsame Kampagne entwickeln, aber die Herausforderung dazu wurde schon mal formuliert.

Die nächste Konferenz wird in drei Jahren stattfinden, vielleicht steht dann auch dieses Thema auf der Tagesordnung.

Dr. Heidi Feldt ist entwicklungspolitische Beraterin und u.a. Ansprechpartnerin für die "Publish what you pay"-Kampagne in Deutschland.

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