Fleischkonsum weltweit: Alltagsessen und Luxusgut

Fleischatlas 2021

Die globale Nachfrage nach Fleisch steigt durch Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum weiter an, allerdings langsamer als noch vor zehn Jahren. Geflügel macht dabei einen immer größeren Anteil aus des weltweiten Fleichkonsums aus. Die großen Unterschiede beim Pro-Kopf-Konsum zwischen Ländern und Bevölkerungsgruppen bestehen fort.

Fleischatlas Infografik: Zunahme des Pro-Kopf-Verbrauchs nach Fleischarten in Millionen Tonnen
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Der Fleischkonsum hat enorm zugenommen. Inzwischen ist als Ursache der zunehmende Wohlstand kaum weniger wichtig als das Bevölkerungswachstum

Der weltweite Fleischkonsum hat sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt und erreichte 360 Millionen Tonnen im Jahr 2018. Die Bevölkerung ist gewachsen, die Einkommen sind gestiegen – beide Faktoren haben die Zunahme zu ungefähr gleichen Teilen verursacht. Die Prognosen für die Fleischindustrie waren ohnehin schon gut – bis 2028 wird der Fleischkonsum möglicherweise noch einmal um 13 Prozent wachsen.

Doch noch immer ist Fleisch für viele Menschen auf der Welt ein Luxusgut, dessen Konsum stark vom Einkommen abhängt. Durch die weltweite Wirtschaftskrise im Zusammenhang mit Covid-19 sind die Einkommen vieler Menschen eingebrochen. Die Weltbank geht davon aus, dass bei anhaltender Krise rund 150 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze rutschen werden und viele weitere Millionen gravierende Ausfälle bei ihren Einkommen haben werden. Das gilt auch für China, den Staat mit dem größten Fleischkonsum weltweit. Zusammen mit dem Ausbruch eines anderen Virus, der Afrikanischen Schweinepest, ist Covid-19 der maßgebliche Grund für den schwächeren Konsum von Schweinefleisch im Jahr 2020. Die Bekämpfung von Covid-19 ließ die Wirtschaft in China im ersten Halbjahr 2020 um über drei Prozent schrumpfen.

Fleischatlas Infografik: Fleischkonsum entwickelter und sich entwickelnder Länder, nach Fleischarten
Trotz einer mehr als fünfmal größeren Bevölkerung verbrauchen die ärmeren Länder nicht einmal doppelt so viel Fleisch wie die reicheren

In den meisten Industrienationen liegt der Fleischkonsum seit Jahrzehnten relativ konstant auf hohem Niveau. Während in Deutschland 2019 fast 60 Kilogramm pro Person gegessen werden, sind es in den USA und Australien mehr als 100 Kilogramm. Seit einigen Jahren sinkt die Nachfrage in einigen Industrieländern leicht, weil die Bedenken bezüglich Gesundheit, Tierwohl und Umwelt zunehmen.

Das größte Wachstum des Fleischkonsums wird in den Ländern des Südens stattfinden. Der Industrieländerorganisation OECD zufolge steigt die Nachfrage dort bis 2028 vier Mal mehr als in den Industrieländern. Ausgehend von einem viel geringeren Niveau, dafür aber mit deutlich größerem Bevölkerungswachstum als in den Industrieländern, ist der zusätzliche Konsum pro Person nicht sehr hoch. Auf dem afrikanischen Kontinent wird das besonders deutlich. Dort wächst die Nachfrage insgesamt zwar besonders schnell, aber pro Person steigt der Fleischkonsum in den nächsten zehn Jahren kaum – von 17 auf 17,5 Kilogramm. Auf die bevölkerungsreichste Nation der Welt, China, entfällt fast ein Drittel des gesamten heutigen Fleischkonsums und ein Drittel des Wachstums der vergangenen 20 Jahre, auch wenn der Pro-Kopf-Verbrauch immer noch bei weniger als der Hälfte des Verbrauchs in den USA liegt. Die Nachfrage nach Fleisch wird wohl auch in China weiter steigen, das Wachstum jedoch deutlich geringer werden. Denn die Sorge um Übergewicht wächst, und ab 2030 wird die Bevölkerungszahl wieder zurückgehen.

In Afrika und Asien wird der Fleischkonsum die Produktion überholen. Daher werden auch die Importe zunehmen, besonders schnell in Subsahara-Afrika. Der Anstieg der Fleischimporte wird aber vom nichtchinesischen Asien angetrieben. Auf die Region insgesamt werden bis 2029 rund 56 Prozent des Welthandels entfallen.

Fleischkonsum weltweit: Nicht auf alle Fleischsorten gleich nachgefragt

Die globalen Großtrends treffen nicht auf alle Fleischsorten in gleichem Maße zu. Während der Anteil von Rind und Schaf am Gesamtkonsum abnimmt, essen die Menschen immer mehr Schwein und Geflügel. Geflügel allein wird rund die Hälfte des globalen Zuwachses in den kommenden zehn Jahren ausmachen. In den USA zum Beispiel ist der Pro-Kopf-Konsum von Rindfleisch in den vergangenen 30 Jahren um etwa ein Drittel zurückgegangen, während sich der von Geflügel mehr als verdoppelte. Das liegt unter anderem am Preisvorteil und dem niedrigeren Fettanteil. Auf Schweinefleisch entfallen rund 28 Prozent des Wachstums in den kommenden zehn Jahren, angetrieben vor allem durch den steigenden Konsum im asiatischen Raum. In vielen asiatischen und afrikanischen Ländern essen die Menschen allerdings kaum Schweinefleisch, weil der Verzehr für große Teile der Bevölkerung aus religiösen Gründen nicht infrage kommt.

Fleischatlas Infografik: Fleischverbrauch nach Ländern und Wirtschaftsleistung
Fleischkonsum weltweit – Generell gilt: Je reicher, um so mehr Fleisch wird konsumiert. Aber viele weitere Faktoren beeinflussen den Pro-Kopf-Verbrauch

Die Daten zur Gesamtnachfrage und dem durchschnittlichen Konsum in einzelnen Ländern geben nur ein unvollständiges Bild ab, denn auch innerhalb der Länder ist die Nachfrage mit Blick auf die sozioökonomischen Strukturen sehr unterschiedlich. In den industrialisierten Regionen nimmt der Fleischkonsum pro Kopf tendenziell mit höherer Bildung und höherem Einkommen ab. Auch Frauen und Jugendliche essen weniger Fleisch als Männer. In Deutschland zum Beispiel verzehren Männer im Durchschnitt etwa doppelt so viel Fleisch und Wurst pro Tag wie Frauen. In den USA – wo die Ernährung generell fleischlastig ist – sind es immer noch rund fünfzig Prozent mehr. In ärmeren Regionen der Welt sind die Einkommen extrem unterschiedlich, was sich auch im Pro-Kopf-Fleischkonsum widerspiegelt. Die Oberschicht kommt dabei auf Werte, die denen in den OECD-Ländern ähneln, wohingegen für die viel größere Unter- und untere Mittelschicht Fleisch ein seltener Luxus ist. Auch deswegen bleibt es für viele ein Statussymbol.