Die Kunst des politischen Interviews

Susan Djahangard

Bei einem Seminar mit der Haupstadtkorrespondentin des Deutschlandradios Kultur Gudula Geuther wurden die Stipendiat/innen in die Feinheiten des politischen Interviews eingeführt.

Von Susan Djahangard

Politische Interviews zu führen, gehört zu einer der wichtigsten Aufgaben eines politischen Journalisten. Kritisch und konfrontativ nachzufragen, ist allerdings eine Kunst, die erst einmal gelernt werden muss. So fand vom 30. März bis 2. April das Seminar „Politisches Interview“ in der Heinrich-Böll-Stiftung statt. Vier Tage wurden wir, größtenteils Stipendiatinnen und Stipendiaten im Programm Medienvielfalt anders, in die Feinheiten des politischen Interviews eingeführt. Gudula Geuther, Haupstadtkorrespondentin des Deutschlandradios Kultur, brachte uns dabei das nötige Know-How bei.

Damit wir die Theorie auch selbst  in die Praxis umsetzen konnten, hatte Gudula Geuther acht Interviewpartner in die Böll Stiftung geladen. Bundestagesabgeordnete, Politiker aus dem Berliner Abgeordnetenhaus, Pressesprecher verschiedener Parteien, Verbände und Gewerkschaften. Als unsere „Versuchskaninchen“ durften wir sie in einem fünfminütigen Interview löchern.

So haben wir in unseren ersten Interviews alle erfahren dürfen, wie schwierig es sein kann, ein solches Gespräch zu führen. Wir hatten uns Fragen überlegt, eine Struktur für das Gespräch erarbeitet – und dann das: Unser Interviewpartner Wolfgang Wieland, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, erzählte uns ohne Unterlass Anekdoten. Nett zum Zuhören, aber mit einem kritischen, politischen Interview, das wir eigentlich führen wollten, hatte das wenig zu tun. Natürlich wollten wir konfrontativ sein und kritisch nachfragen. Doch dann saß man dem Interviewten plötzlich gegenüber und sollte das Aufnahmegerät bedienen, den Gesprächspartner anschauen, zuhören, parallel die eigenen Notizen im Blick behalten und kluge Fragen formulieren – alles auf einmal gar nicht so einfach. So waren unsere ersten Interviews unglaublich spannend, aber am Anfang auch etwas frustrierend.

Schnell wurde uns klar, dass eine gute Vorbereitung elementar ist, um ein gutes Interview zu führen. Dazu gehört, den Interviewpartner auszuwählen, nötige Infos gründlich zu recherchieren, das Gespräch vorab zu strukturieren und nötige Absprachen mit dem Gesprächspartner zu treffen. Auch über den Ablauf des Interviews haben wir viel gelernt. Welche Frageformen gibt es? Wie verhält man sich im Interview? Welchen Einfluss hat die eigene Wirkung und Körpersprache?

An Beispielen aus Rundfunk und Fernsehen analysierten wir politische Interviews. Welche Tipps und Tricks kann man sich von den Medienprofis abschauen, wer geht mit welcher Situation besonders gut um? Was macht man, wenn der Interviewpartner, wie Willy Brandt einmal, nur mit ja und nein antwortet? Oder wenn Sigmar Gabriel plötzlich wutschnaubend aus dem Studio verschwindet?

Aber man lernt ja bekanntlich aus seinen Fehlern. So haben wir unsere Interviews in der großen Runde, oft mit den Interviewten zusammen, analysiert  und siehe da: Von Interview zu Interview wurden wir alle besser. So sind wir nach vier Tagen alle zufrieden und motiviert für weitere journalistische Arbeit abgezogen, mit unseren eigenen politischen Interviews in der Tasche.