Pressemitteilung

Nachhaltige Ernährungssicherung in Afrika: Düngemittelproduktion mit grünem Wasserstoff genügt nicht

Wie können in Afrika Ernährungssicherung, die Steigerung bäuerlicher Einkommen, Klima- und Artenschutz sowie die Anpassung an die Klimakrise gemeinsam angegangen werden? Anlässlich des morgen in Nairobi beginnenden „Fertilizer and Soil Health Summit“ der Afrikanischen Union befasst sich die Heinrich-Böll-Stiftung in einem Policy Brief mit diesen Fragen. Das von den Büros in Abuja, Berlin, Nairobi und Kapstadt gemeinsam veröffentlichte Papier empfiehlt, die Landwirtschaft auf dem Kontinent an der Bodengesundheit auszurichten, statt einseitig auf den Einsatz synthetischer Düngemittel zu setzen.

Wichtig ist es demnach auch, neue Initiativen, die die Produktion von Düngemitteln auf Basis von grünem Wasserstoff etwa in Kenia fördern, auf deren Grenzen und Risiken zu prüfen. Diese - auch von deutschen Akteuren - vorangetriebenen Vorstöße ermöglichen in der Theorie zwar eine Abkehr von fossilen Düngemitteln. Sie sollten jedoch allenfalls als Übergangslösungen betrachtet werden. Für eine notwendige Transformation sind ganzheitliche Lösungen unverzichtbar.

Seit etwa zwanzig Jahren gelten synthetische Düngemittel auf dem afrikanischen Kontinent als Kernelement der sogenannten Grünen Revolution. Deren Ziele - eine maßgebliche Produktionssteigerung und höhere Einkommen für die Erzeuger*innen – wurden jedoch bisher in weiten Teilen verfehlt. Ertragssteigerungen wurden hauptsächlich durch eine Ausweitung der bewirtschafteten Fläche etwa für den Maisanbau erzielt, wobei traditionelle Ackerfrüchte wie Sorghumhirse zurückgedrängt wurden. Zudem wurden marginalisierte Kleinbäuer*innen kaum erreicht. Hinzu kommt: Die Herstellung und der Einsatz synthetischer Stickstoffdünger tragen entscheidend zum Klimawandel bei.

"Wir begrüßen, dass die Afrikanische Union mit ihrem Aktionsplan für Düngemittel und Bodengesundheit die Bedeutung von intakten Böden anerkennt. Dies muss in der Praxis jedoch eine weitgehende Abkehr von synthetischen Düngemitteln nach sich ziehen, da diese essentielle Bodenorganismen nachweislich schädigen. Hier müssen die afrikanischen Regierungen noch deutlicher von der Idee abrücken, primär den Einsatz synthetischer Düngemittel zu steigern", sagt Harun Wurai, Programmkoordinator der Heinrich-Böll-Stiftung Nairobi und Autor eines Hintergrundpapiers zum Thema Bodengesundheit in Afrika.

Die Düngemittelindustrie sucht mehr und mehr nach klimaschonenderen Alternativen. Hersteller wie das norwegische Unternehmen Yara investieren zunehmend in die Produktion von Stickstoffdünger auf Basis von grünem oder blauem Wasserstoff, um ihre Produktion langfristig zu dekarbonisieren. Nach Angaben von Yara könnten mit dem Einsatz von grünem Wasserstoff die Treibhausgasemissionen um bis zu 90 Prozent gesenkt werden. Dieser technologische Ansatz greift jedoch zu kurz.

"Egal, ob aus Erdgas gewonnener fossiler Wasserstoff oder grüner Wasserstoff: Die Produktion von Stickstoffdünger bleibt enorm energie- und ressourcenintensiv. Dabei ist Stickstoffdünger in der Landwirtschaft am leichtesten zu ersetzen – etwa durch Biodünger oder den Anbau von Leguminosen als Zwischenfrucht. Sowohl afrikanische Regierungen als auch deutsche und europäische Akteure sollten sich auf diese Alternativen fokussieren – in Afrika genauso wie in Europa", sagt Lena Luig, Referentin für Internationale Agrarpolitik.

Das Papier und weiterführende Informationen:

Policy Brief der Heinrich-Böll-Stiftung: Resilient agriculture on the African continent: The proof will be in the Soil. Recommendations on fossil fuel-based and ‘green’ fertilizer production and use in Africa

Hintergrundpapier der Heinrich-Böll-Stiftung Nairobi: Rethinking Agriculture by Way of Embracing Soil Health for Sustainable Farming in Africa

BUND / Heinrich-Böll-Stiftung / TMG Thinktank for Sustainability: Bodenatlas 2024.
Daten und Fakten über eine lebenswichtige Ressource


Kontakt
Lena Luig, Heinrich-Böll-Stiftung, Referentin für Internationale Agrarpolitik, luig@boell.de, +49 (0)30 285 32-312 

Harun Warui, Programmleiter Recht auf Nahrung und Agrarökologie der Heinrich-Böll-Stiftung Nairobi, Harun.Warui@ke.boell.org

Wir freuen uns über Ihr Interesse und stellen auch gern den Kontakt zu weiteren beteiligten Kolleg*innen in Afrika her.


Pressekontakt
Heinrich-Böll-Stiftung
Nicole Sagener, Pressesprecherin
sagener@boell.de, +49 (0)30 285 34-202