Zanan Akin, Fernuniversität Hagen

Zwischen Äquivalenz und Indifferenz: Die Gleich-gültigkeit als Prinzip der modernen Demokratie

Das Dissertationsvorhaben nimmt seinen Ausgang von der folgenden Frage: Kann die gegenwärtige Krise der modernen Demokratie auf ein metaphysisches Prinzip zurückgeführt werden, das sie geschichtlich ermöglicht hat und sie als solche auszeichnet?

Die Hypothese lautet dabei, dass diese Frage zu bejahen und das gesuchte Prinzip in der ‚Gleich-gültigkeit‘ zu suchen ist. Die Zweideutigkeit des Begriffs ‚Gleichgültigkeit‘ (Gleich-gültigkeit als Äquivalenz und Gleichgültigkeit als Indifferenz) lässt auf eine spannungsvolle dialektische Bewegung schließen, die im kapitalistisch-demokratischen Prinzip selbst beschlossen liegt. In diesem Sinne wird im vorliegenden Projekt die These aufgestellt, dass das Revolutionäre der modernen Demokratie in einer Aufhebung aller ontologischen Hierarchien besteht. Mögen die Differenzen innerhalb der Demokratie auch noch so vielfältig sein – in einem wesentlichen Sinne sind sie doch gleich-gültig: Keine gilt mehr als die andere. Das ist die abstrakt-rechtliche Seite der Äquivalenz der Identitäten. Nun gilt es herauszustellen, dass dieses Prinzip auch über eine soziale Seite verfügt, die in unserer Gegenwart klarer zutage tritt: Unter dem Primat des Geldes als allgemeines Äquivalent kommt es zu einer Austauschbarkeit von allem mit jedem. Grundlegende Veränderungen bleiben aus, das Einzigartige tritt zurück und wird zu einer Seltenheit. Der Preis der Gleichgültigkeit als Äquivalenz erweist sich so als die Gleichgültigkeit der Indifferenz des Gleichen und Ungleichen.

Als eine Krisenerscheinung dieser „Logik der Äquivalenz“ behauptet das Vorhaben eine „Logik der Ausnahme“ ausmachen zu können, die gegenwärtig in gegensätzlichen Äußerungen zutage tritt, nämlich einerseits als emanzipatorisch orientiertes Denken der Singularität und andererseits als identitäre Forderung nach Differenz. Dabei gilt es, diese Äußerungen auf das doppeldeutige Gründungsprinzip der Gleich-gültigkeit zurückzuführen.

Folglich besteht das Ziel des Vorhabens maßgeblich darin, einen eigenständigen Begriff des doppeldeutigen Prinzips der Gleichgültigkeit herauszuarbeiten, zu welchem Zweck vor allem auf die Werke von G. F. W. Hegel, Karl Marx, Martin Heidegger und Alain Badiou zurückgegriffen werden soll. Auf diese Weise soll eine philosophisch-politische Perspektive gewonnen werden, die es erlaubt, der aktuellen Gefahr des Verfalls der demokratischen Ordnung mit dem Aufzeigen neuer emanzipatorischer Orientierungen zu begegnen.

 

Stichworte: Gründungsprinzip der Moderne, Gegenwärtige Krisenerscheinungen der modernen Demokratie, Das Besondere vs. Das Allgemeine, Logik der Äquivalenz, Logik der Ausnahme, Postfundamentalismus, G. W. F. Hegel, Karl Marx, Martin Heidegger, Alain Badiou, Andreas Reckwitz