Analyse der Landtagswahl Schleswig-Holstein – kurz & bündig

Wahlwerbung der Grünen in Schleswig-Holstein
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Aufruf zur Wahl: Die grüne Spitzenkandidatin Monika Heinold entwickelte eine vergleichbare Zugkraft wie Robert Habeck 2012

Das Wahlergebnis lässt (nicht nur) Grüne jubeln – und über Koalitionen grübeln.

Bündnis90/Die Grünen erreichen mit 12,9 Prozent das zweitbeste Ergebnis ihrer Landesgeschichte. Im Vergleich zur Vorwahl können die Grünen ihr Ergebnis faktisch halten (-0,3 Prozentpunkte). Die Zahl der Parlamentssitze bleibt stabil (10 Sitze). Im Vergleich zur Vorwahl konnten die Grünen in absoluten Werten mehr Wähler/innen mobilisieren (189.728 Zweitstimmen). Die Gewinne durch die Ansprache von Erstwähler/innen, die Mobilisierung vormaliger Nichtwähler/innen sowie neu nach Schleswig-Holstein gezogener Wähler/innen überwiegen die Stimmenverluste an die politischen Wettbewerber.

Späte Wahlentscheidung

Die Grünen-Wähler/innen trafen ihre Wahlentscheidung eher spät. 34 Prozent legten sich erst in den letzten Tagen vor der Wahl bzw. am Wahltag selbst fest. Dabei zeichnet die Grünen-Wähler/innen ein ausgeprägtes Stimmensplitting zu Gunsten der SPD aus, von den Grünen-Zweitstimmenwähler/innen haben nur 42 Prozent „Erststimme Grün“ gewählt. Die Grünen-Wähler/innen orientierten sich erneut bei ihrer Wahlentscheidung überdurchschnittlich an Sachthemen, wie 2012 sind für knapp zwei Drittel der Grünen-Wähler/innen politische Inhalte das Hauptmotiv der Grünen-Wahl. Wahlentscheidend ist hierbei die Umwelt- und Energiepolitik, mit geringem Abstand gefolgt von Fragen der sozialen Gerechtigkeit sowie an dritter Stelle Schul- und Bildungspolitik. Für 15 Prozent der Grünen-Wähler/innen ist das Spitzenpersonal der Hauptgrund, die Grünen zu wählen (Gesamt: 21 Prozent). Dies ist mit 2012 vergleichbar.

Mit ihrem Spitzenkandidaten Daniel Günther gewinnt die CDU überraschend deutlich die Wahl (32,0 Prozent/+1,2) und setzt sich als stärkste Kraft von der SPD ab.

SPD rutscht vor der Wahl dramatisch ab

Die SPD verlor in den letzten 14 Tagen vor der Wahl dramatisch an Zustimmung, was der CDU eine erfolgreiche Aufholjagd mit einem vergleichsweise jungen, erst seit wenigen Monaten im Rennen befindlichen Spitzenkandidaten ermöglichte. Im Ergebnis verliert die SPD deutlich (27,2/-3,2).

Die Grünen können ihr Ergebnis faktisch halten und bleiben mit 12,9 Prozent klar drittstärkste Kraft. Die FDP verbessert sich auf 11,5 Prozent (+3,3). Die AfD ist künftig im Landtag vertreten (5,9/+5,9), die Linke weiterhin außen vor (3,8/+1,5). Ebenfalls im Landtag vertreten ist der von der Fünf-Prozent-Sperrklausel befreite SSW (3,3/ -1,3). Die Piraten sind künftig nicht mehr im Landtag vertreten (1,2/-7,0).

Absolute Zugewinne (Zweitstimmen) verzeichnen insbesondere CDU (+61.739), FDP (+59.619) und die erstmalig angetretene AfD (+86.275). Die Grünen gewinnen ebenfalls (+14.976). Die größten Verluste erleiden die Piraten (-91.687) und der SSW (-12.081). Die SPD bleibt fast stabil (-3.148).

CDU gewinnt großen Teil der Wahlkreise

Im Parlament sind wie bisher sechs Parteien vertreten: CDU (25 / +3), SPD (21 / -1), Grüne (10 / unverändert), FDP (9 / +3), AfD (5 / +5) und SSW (3 / unverändert). Mit 73 Abgeordneten ist das Parlament etwas größer als zuvor (+4). Die CDU gewinnt 25 der 35 Wahlkreismandate (+3), die SPD 10 (-3).

Die Wahlbeteiligung ist auf 64,2 Prozent gestiegen und liegt damit über dem Durchschnitt der Bundesländer. Gleichwohl ist dies der zweitniedrigste Wert in der Landesgeschichte.

Jamaika oder Ampel?

Die bisherige Regierung aus SPD, Grünen und SSW hat ihre parlamentarische Mehrheit verloren. Jenseits einer großen Koalition aus CDU und SPD (46 Sitze) sind eine Koalition aus CDU, Grünen und FDP (44 Sitze) sowie aus SPD, Grünen und FDP (40 Sitze) rechnerisch möglich und politisch nicht ausgeschlossen. Die absolute Mehrheit liegt bei 37 Stimmen. Der SSW hat eine Regierungsbeteiligung jenseits der bisherigen Küstenkoalition bereits vor der Wahl ausgeschlossen und dürfte damit in die Opposition gehen. Eine Regierungsbeteiligung der AfD ist nicht zu erwarten. Eine große Mehrheit der Grünen-Anhänger/innen wünscht sich auch nach der Wahl eine SPD-geführte Regierung, allerdings sind sie durchaus auch der Meinung, dass eine „Jamaika“-Koalition (CDU/Grüne/FDP) „gut für das Land“ sein kann.