Das Planetensystem der G20: die Beteiligungsgruppen

G20 – Die Grundlagen #4 Das Planetensystem der G20 – die Beteiligungsgruppen

Sieben Interessengruppen kreisen um die G20 und versuchen, deren Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen. Ihre Einflussnahme hat jedoch eine sehr unterschiedliche Reichweite.

Die Business 20 (B20) wurde 2008 gegründet und hat sich seitdem als die einflussreichste einflussreichste Beteiligungsgruppe neben der Gewerkschaftsgruppierung Labour 20 (L20) etabliert. Die B20 ist eine Allianz führender G20-Wirtschaftsverbände, die zusammen über 6,8 Millionen Unternehmen vertreten. Ihr Ziel ist es, den G20-Prozess mitzugestalten und den Austausch zwischen den nationalen Ökonomien der G20-Mitgliedsstaaten zu stärken. Auf ihrer Webseite beschreibt sich die B20 als „eine wichtige Plattform der internationalen Wirtschaftsgemeinschaft, die zu weltpolitischen Entscheidungen wie der internationalen Wirtschafts- und Handelsregulierung beiträgt”.

Die B20 arbeitet in thematisch gegliederten Arbeitsgruppen, die bisher dieselben Themen wie die G20 bearbeiteten, und organisiert einen jährlichen B20-Gipfel.[1] Wirtschaftsvertreter/innen aus den G20-Mitgliedsstaaten erarbeiten gemeinsame Empfehlungen und Handlungsvorschläge, die thematisch die Bandbreite der G20-Agenda abdecken. Zudem finden B20-Veranstaltungen sowie ein Austausch mit Regierungen und anderen Beteiligten des G20-Prozesses statt.

Eine Reihe von Empfehlungen der B20 wird von den Staatsoberhäuptern der G20 in die G20-Kommuniqués aufgenommen. 2016 arbeiteten die B20-Arbeitsgruppen zu den Themen Finanzierung des Wachstums, Handel und Investitionen, Infrastruktur, Entwicklung von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU-Förderung), Arbeitsmarkt und Beschäftigung sowie Antikorruption.[2]

Im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft erarbeiten Führungskräfte von Unternehmen und Verbänden aus den G20-Staaten in sieben Arbeitsgruppen mit jeweils 100 Beteiligten gemeinsame Empfehlungen an die G20. Die Themen sind Handel und Investitionen, Energie, Klima und Ressourceneffizienz, Finanzierung von Wachstum und Infrastrukturvorhaben, Digitalisierung sowie Arbeitsmarkt und Bildung.

Darüber hinaus wird es themenübergreifende Arbeitsgruppen zu Korruptionsbekämpfung und verantwortungsvollem unternehmerischem Verhalten sowie zur Rolle des Mittelstandes in der Weltwirtschaft geben.[3]

Eine Berater/innengruppe der Internationalen Handelskammer veröffentlicht jährlich Bewertungen zur Umsetzung von B20-Arbeitsprozessen und Beschlüssen, sogenannte „Scorecards“ und beeinflusst damit die Ausrichtung der künftigen Arbeit der B20.

Das letzte B20-Gipfeltreffen fand – ebenso wie im Vorjahr in Antalya – zur selben Zeit und am selben Ort wie das G20-Gipfeltreffen der Staatschef/innen im September 2016 in Hangzhou in China statt. Das wird während der deutschen Präsidentschaft anders sein, die B20 tagt bereits am 3. Mai 2016 in Berlin. So verbleibt ausreichend Zeit, damit die B20-Empfehlungen noch in den Arbeitsprozess für den Gipfel in Hamburg einfließen können. Das ist eine gute Entwicklung, denn damit ist der Prozess vornehmlich als Beratungsprozess angelegt, und das begrenzt den Einfluss von Lobbyinteressen.

Der deutsche B20-Prozess wird von drei führenden deutschen Wirtschaftsverbänden organisiert: dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Den Vorsitz der Business 20 (B20) unter deutscher Präsidentschaft wird Dr. Jürgen Heraeus, Aufsichtsratsvorsitzender der Heraeus Holding GmbH, übernehmen. Er wird von Dr. Stormy-Annika Mildner, Abteilungsleiterin Außenwirtschaftspolitik im BDI, unterstützt. Sie wird während der deutschen G20-Präsidentschaft als Zuträgerin (Sherpa) für die B20 fungieren.

Die Gewerkschaftsgruppierung Labour 20 (L20) wurde 2008 gegründet und vertritt die Interessen der Gewerkschaften und der Beschäftigten in den Arbeitsprozessen der G20. Sie vereint Gewerkschaften der G20-Staaten und der internationalen Branchengewerkschaftsverbände (GUFs). Die L20 wird vom Internationalen Gewerkschaftsbund und vom Gewerkschaftlichen Beratungsausschuss bei der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung koordiniert.[4]

Die L20 versucht, auf der Ebene der G20 einen integrativen und konstruktiven Dialog zum Thema „Beschäftigung und Wachstum“ anzuregen. Sie vermittelt die Kernforderungen der internationalen Arbeiternehmer/innen-Bewegung bei den Treffen der G20-Arbeitsminister/innen, den Treffen zwischen der G20-Arbeitsgruppe für Beschäftigung und den Zuträger/innen (Sherpas) sowie bei den G20-Gipfeltreffen. Im Vorfeld der Gipfeltreffen gibt es manchmal gemeinsame Treffen der Finanz- und Arbeitsminister/innen mit der L20 und der B20. Dies war zum Beispiel während der türkischen G20-Präsidentschaft 2015 der Fall.[5]

Die L20-Gruppe veröffentlicht jährlich sogenannte „policy tracking“-Berichte[6], in denen die Umsetzung der angekündigten G20-Politik einer kritischen Analyse unterzogen wird.

Die Mitglieder der L20 formulieren ihre Schlüsselbotschaften im Rahmen eines Konsultationsprozesses und legen ihre politischen Ziele für jede G20-Präsidentschaft bei einem eigenen Gipfel fest. Zum Abschluss des letzten L20-Gipfels, der am 12. Juli 2016 stattfand, rief die L20 die G20-Arbeitsminister/innen zu folgenden Maßnahmen[7] auf:

  • Koordinierte Aktionen für Wachstum durch Lohnerhöhungen und öffentlich finanzierte Investitionen,
  • eine neue strukturpolitische Agenda, um wachsende Ungleichheit anzugehen,
  • Aktivitäten zur Förderung der Jugendbeschäftigung, der Integration von Migrant/innen und zur Überwindung geschlechtsspezifischer Ungleichheit,
  • einen entschiedenen Umgang mit Klimawandel und sozialem Fortschritt durch technologische Innnovation,
  • Aufbau eines verantwortungsvollen internationalen Handels- und Investitionsregimes, Gewährleistung von Politikkohärenz und gesellschaftlichem Dialog quer durch die G20-Arbeitsstränge.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist damit beauftragt, den deutschen L20-Prozess gemeinsam mit Partnerorganisationen aus den G20-Mitgliedsländern auf den Weg zu bringen. Der L20-Zuträger ist Andreas Botsch. Die L20 pflegt enge Arbeitsbeziehungen mit der B20 und versucht, gemeinsame Interessen gegenüber der G20 durchzusetzen.

Der zivilgesellschaftliche Zusammenschluss Civil 20 (C20): Die C20 besteht aus national und international agierenden zivilgesellschaftlichen Organisationen, die ihre Schlüsselbotschaften so früh wie möglich in thematische G20-Arbeitszusammenhänge einbringen wollen – in der Hoffnung, die Entscheidungsfindung der G20 zu beeinflussen. Die Zivilgesellschaft hatte zuvor über mehrere Jahre vergebens versucht, im G20-Prozess als offizielle Beteiligungsgruppe anerkannt zu werden. Obwohl es 2008 und 2009 einen Austausch mit ihr gab, wurde die Arbeit der C20 erst 2010 im Vorfeld des südkoreanischen G20-Gipfeltreffens von Südkorea anerkannt.

Die C20 arbeitete während des französischen und mexikanischen G20-Prozesses in den Jahren 2011 und 2012 bereits koordiniert. Dennoch beansprucht die russische Regierung für sich das Verdienst, den C20-Prozess 2013 offiziell zugelassen zu haben.[8] Im Rahmen der russischen Präsidentschaft fand erstmalig ein Treffen der C20-Vertreter/innen mit dem Staatsoberhaupt des Gastgeberlandes statt.

Diese formale Anerkennung durch die russische Präsidentschaft hat der C20 zwar zusätzliche Zugangsmöglichkeiten eröffnet, doch jede Regierung, die die G20-Präsidentschaft übernimmt, legt ihren eigenen Maßstab zur Definition von „Zivilgesellschaft“ an. Zusätzlich kontrollieren die Gastgeberregierungen den C20-Prozess, seine Funktionsweise sowie den Zugang und Umfang der Finanzmittel, indem sie zum Beispiel Führungspersonal und Teilnehmer/innen der C20 festlegen. Jede G20-Präsidentschaft bestimmt ihr jeweiliges Verhältnis zur C20 und legt damit wesentlich deren Spielraum zur Mitgestaltung fest.

Jede C20 organisiert einen international besetzten C20-Gipfel, an dem zivilgesellschaftliche Organisationen aus G20- und Nicht-G20-Staaten teilnehmen.

Russland 2013: Das Sekretariat war mit regierungsnahen NRO-Vertreter/innen besetzt, die unmittelbar dem russischen G20-Sherpa Bericht erstatteten. Dazu berief die russische Regierung einen B20-Vertreter als Co-Chair einer thematischen C20-Arbeitsgruppen. Dies führte zu schwerwiegenden Diskrepanzen bei der Formulierung der abschließenden Politikempfehlungen der C20 an die Staatsoberhäupter der G20.[9]

Australien 2014: Die Regierung ernannte zwei Personen, die das Vorbereitungskomitee für den C20-Prozess bildeten. Das C20-Sekretariat erhielt 250.000 australische Dollar von der Regierung und entwickelte unter anderem eine Webseite, auf der die internationale Zivilgesellschaft zu ausgewählten Themen Stellung nehmen konnte. Eine Schwierigkeit des australischen C20-Prozesses war die Ernennung von Vertreter/innen national und international agierender zivilgesellschaftlicher Organisationen für das Vorbereitungskomitee.

Türkei 2015: 2014/15 finanzierte Oxfam International das C20-Sekretariat in Istanbul, das in Zusammenarbeit mit einem Dutzend türkischer zivilgesellschaftlicher Organisationen eine Steuerungsgruppe organisierte. Globale Konsultationen fanden statt, um Themen für den C20-Prozess auszuwählen und die Politikempfehlungen zu entwickeln. Die türkische Regierung verzögerte jedoch die offizielle Anerkennung der C20 und die Bestimmung des offiziellen C20-Vorsitzes bis zum April 2015. Dies führte dazu, dass der C20-Gipfel und die endgültigen Politikempfehlungen der C20 erst im September, zwei Monate vor dem G20-Gipfel, abgeschlossen waren. Die Reichweite und Einflussmöglichkeit der C20-Empfehlungen sind eher begrenzt, wenn sie erst spät während des G20-Prozesses eingebracht werden.

China 2016: Der C20-Gipfel wurde ohne breite Teilhabe der internationalen Zivilgesellschaft und sehr kurzfristig durch das Chinesische Zivilgesellschaftliche Netzwerk für internationalen Austausch (CNIE) und das chinesische Netzwerk der Vereinten Nationen (UNA-China) am 5./6. Juli 2016 in Qingdao durchgeführt. Die Regierung ließ nicht zu, dass viele nationale und internationale zivilgesellschaftliche Organisationen daran teilnehmen konnten. Der C20-Gipfel und die C20-Empfehlungen beschäftigten sich mit den Themen Armutsbekämpfung und gemeinsame Entwicklung; Wissen und Handeln für grüne Entwicklung; die Zukunft gestalten durch Innovation; Regierung und Zivilgesellschaft arbeiten zusammen für gemeinsamen Fortschritt.[10]

Der Einladungsprozess, die Arbeit am Text für das C20-Kommuniqué und das Zustandekommen der Endfassung waren nach Aussagen der wenigen deutschen Teilnehmer/innen in hohem Maße intransparent und nicht nachvollziehbar. Es handelte sich um eine Alibiveranstaltung ohne nötigen Planungsvorlauf und internationalen Konsultationsprozess.

Deutschland

Für die Gestaltung des deutschen C20-Prozesses haben das Forum Umwelt und Entwicklung und der Dachverband der entwicklungsbezogenen Organisationen VENRO das Mandat des Kanzlerinnenamtes erhalten. Eine Finanzierung durch Engagement Global bezuschusst die Arbeit eines kleinen Koordinationsbüros in Berlin-Kreuzberg, das unter c20@venro.org erreichbar ist. Eine internationale Steuerungsgruppe wurde eingerichtet, die in Konsultation mit zivilgesellschaftlichen Organisationen aus den G20-Ländern und über eine Online-Befragung Themen bestimmt und dazu Arbeitsgruppen einrichtet. Dazu gehören zum Beispiel die Reform des internationalen Finanzsystems, verantwortungsvolle Investitionspolitik und die Rolle des Privatsektors sowie die demokratische Teilhabe der Zivilgesellschaft, vor allem unter den Bedingungen schrumpfender Handlungsspielräume für Aktivist/innen und NROs. Unter civil-20.org kann der C20-Prozess in den kommenden Monaten verfolgt werden.

Am 18. Juni 2017 findet der C20-Gipfel in Hamburg statt, am 19. Juni empfängt Kanzlerin Angela Merkel Vertreter/innen der C20 dort zu einem Dialog. Das ist das Treffen, bei dem die C20 die erarbeiteten Politikempfehlungen und Forderungen an die G20-Präsidentschaft übergibt. Parallel und unabhängig vom C20-Arbeitszusammenhang formiert sich in Hamburg, koordiniert von Attac, eine bundesweite Koalition, die den Protest gegen den G20-Gipfel organisiert und zu einer Großdemonstration am 8. Juli einlädt (siehe www.g20-protest.de). Teile dieses Bündnisses werden gegen den Gipfel als Ganzen, und insbesondere gegen die Anwesenheit von Autokraten wie Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan mobilisieren. Auch den neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump werden sie nicht in ihrer Stadt willkommen heißen. Andere protestieren gegen die Politik der G20 oder ihre mangelnde Legitimation.

Vor der Demonstration ist ein von Bürger/innen-Initiativen getragener internationaler Gipfel der Alternativen in der Hamburger Universität und im Stadtraum geplant. Dort soll es breiten Diskussions- und Artikulationsraum für Kritik am neoliberalen Modell der Globalisierung, für Gegenentwürfe, für internationale Solidarität und Austausch, aber auch für das voneinander Lernen entlang praktizierter Alternativen geben.

DDer Think 20 (T20)-Prozess wurde 2012 von der mexikanischen G20-Präsidentschaft ins Leben gerufen und soll der G20 als „Ideenwerkstatt für Neues“ dienen. Es ist ein Netzwerk aus wissenschaftlichen Institutionen und Thinktanks, die Analysen durchführen, um fundierte Ideen und Impulse zu entwickeln und damit die G20-Entscheidungsfindung zu befruchten. Die T20-Schlussfolgerungen werden den G20-Arbeitsgruppen, den Ausschüssen der Minister/innen-Treffen und den Treffen der Staatsoberhäupter als Policy-Optionen vorgelegt. Das T20-Arbeitsprogramm zielt nicht darauf ab, Einigung unter seinen Teilnehmer/innen zu erreichen. Der Prozess ist als Austausch konzipiert, der neben konkret umsetzbaren Politikempfehlungen auch Bewertungen des Arbeitsstandes zu den jeweiligen Themen der G20 und Visionen für den weiteren Politikprozess entwerfen soll.

Der deutsche T20-Prozess wird vom Kieler Institut für Weltwirtschaft und dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik durchgeführt.

Akademischer Partner ist die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Erstmals gibt es einen Zusammenschluss der Forschungsakademien im Rahmen der „Science 20“, mit dem Potenzial, sich einiger Probleme durch koordinierte arbeitsteilige Forschung und Gemeinschaftsvorhaben anzunehmen. Dabei steht die Forschung zu pandemischen Krankheiten im Zentrum.

IIm T20-Prozess werden aus sieben Arbeitsgruppen zu den folgenden Themen Ergebnisse erwartet: Klima, Handel und Investitionen, digitale Wirtschaft, Agenda 2030, globale Ungleichheit und sozialer Zusammenhalt, Flucht und Migration, Ernährungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft, globale Steuerkooperation sowie Resilienz und Wachstum. 

Der vorausgegangene chinesische T20-Prozess wurde von drei führenden chinesischen Think Tanks arbeitsteilig koordiniert: dem Institut für Weltwirtschaft und -politik der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS), dem Shanghaier Institut für Internationale Studien(SIIS) und dem Chongyang-Institut für Finanzstudien an der Renmin-Universität.

2016 traf sich die T20 zehnmal in unterschiedlichen Ländern und arbeitete zu den folgenden Themen[11]: Erhöhung des Wirtschaftswachstumspotenzials, Verbesserung der globalen Finanzregulierung, Verbesserung der internationalen Handels- und Investitionszusammenarbeit und Förderung einer inklusiven, nachhaltigen Entwicklung.

Women 20 ist einer der der jüngsten G20-Beteiligungsprozesse: Mit dem Ziel, die geschlechterspezifische Beschäftigungslücke bis zum Jahr 2025 um 25 % zu verringern („25 by 25“), das die G20 auf ihrem Gipfel 2014 in Australien verabredet hat, ebnete sich der Weg zur Aufnahme einer neuen Beteiligungsgruppe in den offiziellen Kreis. Im Oktober 2015 fand im Zuge der türkischen G20-Präsidentschaft erstmalig ein W20-Arbeitstreffen in Istanbul statt. Dort wurden Forderungen und Maßnahmen formuliert, mit denen die ökonomische Beteiligung von Frauen in den G20-Mitgliedsstaaten vorangetrieben und ihre Wirtschaftskraft gestärkt werden sollen. 2016 wurden diese Arbeitsstränge von der chinesischen G20-Präsidentschaft aufgegriffen, auf dem W20-Gipfel wurde eine entsprechende Abschlusserklärung erstellt und an die G20 übergeben.

Im dritten Jahr sind die Erwartungen an die W20 deutlich gestiegen: Deutschland als Land mit einer starken Zivilgesellschaft und einer Frau an der Regierungsspitze soll nicht nur gleichstellungspolitischen Themen in der G20 ein Forum geben, sondern auch ein aktives, nachhaltiges W20-Netzwerk entstehen lassen.

Dieses Netzwerk wird die G20 durch konkrete Handlungsvorschläge, Interessenvertretung und Expertise unterstützen. Seine Empfehlungen werden von Vertreterinnen aus Frauen- und Sozialverbänden, von Unternehmerinnen und Wirtschaftsexpertinnen aus den G20-Ländern und internationalen Organisationen aus der ganzen Welt erarbeitet. Ziel ist es, das Thema ökonomische Beteiligung und wirtschaftliche Stärkung von Frauen dauerhaft als Querschnittsaufgabe in den G20-Zielstellungen zu verankern. Dadurch soll auch immer wieder an bereits existierende politische Erklärungen wie die UN-Agenda 2030 erinnert und zu deren Umsetzung aufgefordert werden.

Zu den Themen der W20 gehören unter anderem die Erwerbsbeteiligung von Frauen, Entgeltgleichheit, Frauen in Führungspositionen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Bewertung von Erwerbs- und Sorgearbeit, weibliches Unternehmertum, Zugang zum Kapitalmarkt sowie die Schließung der geschlechtsspezifischen digitalen Kluft.

Im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft 2017 wurden der Deutsche Frauenrat und der Verband deutscher Unternehmerinnen von der Bundesregierung damit beauftragt, den W20-Dialogprozess zu organisieren. Dazu finden im Frühjahr 2017 verschiedene Runde Tische statt, bei denen Forderungen und Inhalte für das W20-Kommuniqué erarbeitet werden. Parallel dazu wird ein Netzwerk aus Vertreterinnen von Frauenverbänden und Unternehmerinnen der G20-Staaten aufgebaut. Es soll gemeinsam Forderungen an die Staats- und Regierungschef/innen formulieren, die Angela Merkel auf dem W20-Gipfel am 25. und 26. April in Berlin überreicht werden. Der Gipfel in Berlin bildet den Abschluss des W20-Dialogprozesses 2017, anschließend wird die Verantwortung dafür an die Vertreterinnen aus Argentinien übergehen, das 2018 den Vorsitz der G20 übernehmen wird.

Seit einigen Jahren gibt es auch eine G(irls)20-Initiative, die jährliche Treffen von 20 jungen Frauen unter 30 ausrichtet und aus der Perspektive künftiger weiblicher Führungskräfte ihre Visionen und Forderungen in den G20-Prozess einspeist, Informationen zum G(irls)20-Gipfel in Beijing finden sich hier.

Dieser Arbeitsprozess wird von privaten Unternehmen finanziert, er ist kein offizieller Teil der Beteiligungsgruppen.

Die Jugendgruppe der G20 Youth 20 (Y20) wurde 2010 gegründet, um jungen Führungskräften aus den G20-Staaten Austauschmöglichkeiten zu bieten. Y20 bietet eine Jugendperspektive auf die G20-Agenda und fördert einen jugendspezifischen Blick, zum Beispiel auf den Einfluss von Technologien und Innovationen auf die Arbeitswelt oder Frieden und Bildung im 21. Jahrhundert.

2016 wurde der Y20-Gipfel am 29. Juli in Shanghai abgehalten. Das Kommuniqué kann hier eingesehen werden.

Die Beteiligungsgruppen kreisen wie kleine und große Planeten um das Zentrum der G20, und in den letzten Jahren sind immer mehr dazugekommen. Es gibt kein festes Regelwerk, in dem ihre Mitspracherechte und die Gestaltung effektiver Arbeitsprozesse festgelegt wären. Die deutsche Präsidentschaft bemüht sich um einen breit gefächerten Dialog mit den verschiedenen Interessengruppen. Ihre Zusammensetzung ist bei den jeweiligen Präsidentschaften sehr unterschiedlich demokratisch legitimiert. Und zieht die G20-Karawane weiter, die ihre Zelte im nächsten Jahr in Argentinien aufschlagen wird, sind vor allem für die C20 wieder alle Fragen offen: Wird es eine Anerkennung und Förderung und – jenseits von Alibireflexen – ein ernsthaftes Interesse der Gastgeberregierung an der Mitwirkung der eigenen und der internationalen Zivilgesellschaft geben?

 

Dieser Artikel ist ein Beitrag aus unserem Dossier "G20 im Fokus".

Weiterführende Informationen:

Archivmaterial zu den Beteiligungsgruppen unter https://us.boell.org/g20.

[4] Für weitergehende Informationen auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch siehe die Website der International Trade Union Confederation.

[5] Ebenda.

[6] Hier ist der aktuellste Bericht einsehbar: www.ituc-csi.org.

[7] Siehe den Aufruf der Gewerkschaften an die G20-Regierungschef/innen vom 5. August 2016, in englischer und französischer Sprache verfügbar.

[8] John Ruthrauff: G20 Summit Handbuch, hrsg. von InterAction, aktualisierte Ausgabe vom Oktober 2016, S. 5, online nicht verfügbar.

[9] Ebenda.

[10] Siehe das C20-Abschlusskommuniqué vom 6. Juli 2016, in englischer Sprache.

[11] Siehe die Politikempfehlungen der T20 an die G20 vom 1. August 2016, in englischer Sprache.