CO2-Emissionen unserer Fleischproduktion

Analyse

Die globale Nachfrage nach Fleisch wächst ungehindert weiter. Die Menge, die jedes Jahr produziert wird, führt zu weitreichenden ökologischen, sozialen und ethischen Problemen. Um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen, muss der Konsum deutlich reduziert werden.

Drei Kühe stehen im Stall
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Die Tierhaltung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend geändert.

Die globale Produktion und der Konsum von Fleisch sind in den vergangenen Jahrzehnten rasant gewachsen. Im Jahr 2018 wurden weltweit etwa 360 Millionen Tonnen Fleisch produziert. In den 1970er-Jahren war es nur ein Drittel der heutigen Menge. Laut Voraussagen der UN Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) wird die Produktion in den nächsten 10 Jahren noch einmal um weitere 40 Millionen Tonnen steigen. Mit den Nachhaltigkeits- und Klimazielen der UN ist das nicht vereinbar.

Zwei Faktoren haben die Zunahme zu ungefähr gleichen Teilen verursacht: die wachsende Weltbevölkerung und die wachsenden Einkommen der globalen Mittelschicht. Je mehr Einkommen Menschen zur Verfügung steht, desto mehr tierische Produkte werden konsumiert. Das gilt aber nur bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze: Während in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern der Fleischkonsum steigt, stagniert er in den Industrieländern oder sinkt auf einem derzeit noch sehr hohen Pro-Kopf Niveau leicht ab.

Doch Fleisch ist in den letzten Jahrzehnten nicht nur zum einem sehr gefragten, sondern auch einem sehr problematischen Konsumgut geworden. Die schiere Menge, die jedes Jahr produziert wird, führt zu weitreichenden ökologischen, sozialen und ethischen Problemen.

Fleischatlas Infografik: Osten im Zentrum

Die Tierhaltung im Wandel

Die Tierhaltung hat sich in den vergangenen 70 Jahren grundlegend geändert. Noch in den 1960er Jahren wurde ein großer Teil der Tiere in mittleren bis kleinen Herden gehalten. Futter wurde auf dem eigenen Hof angebaut oder aus der Region bezogen. Heutzutage kommt ein großer Teil des Fleisches aus intensiver Haltung. Anstatt Gras wird angebautes Futter gefüttert. Inzwischen werden rund 40 Prozent des Ackerlandes auf der Welt zum Futtermittelanbau genutzt. Der wichtigste Mastbeschleuniger ist Soja. Fast 90 Prozent der weltweiten Soja-Produktion landen in den Trögen. Die größten Anbauländer sind Brasilien, die USA und Argentinien. Aus diesen drei Ländern stammten 2019 knapp 90 Prozent der weltweiten Exporte. Allein in Brasilien hat sich die Anbaufläche seit 1990 von 10 Millionen Hektar auf heute mehr als 35 Millionen Hektar Soja ausgeweitet. Wertvolle Ökosysteme wie Regen- und Trockenwälder und Savannen werden zerstört. Sie werden gerodet oder umgebrochen und als Ackerflächen genutzt. Dadurch werden die Lebensräume von indigenen Völkern und traditionellen Gemeinschaften, von Tieren und Pflanzen zerstört.

Fleischatlas Infografik: Feldfrüchte mit vielen Interessenten

Da Wälder und Böden nach Meeren die größten Kohlenstoffspeicher der Welt sind – und diese Funktion aber durch die landwirtschaftliche Nutzung zum Teil verloren geht, ist das Klimaziel, auf das sich die Weltgemeinschaft geeinigt hat, nämlich die Erderwärmung auf 1,5° zu beschränken, nicht zu erreichen, wenn die Abholzung der tropischen Wälder nicht drastisch verringert wird.

Treibhausgasemissionen in der Viehzucht

Den Beitrag der Viehwirtschaft zu den klimaschädlichen Gasen berechnet die FAO für das Jahr 2013 auf 14,5 Prozent. Nach ihren Schätzungen stammen 45 Prozent dieser Emissionen aus der Produktion und Verarbeitung von Futtermitteln und 39 Prozent aus der enterischen Fermentation, also Emissionen, die aus dem Verdauungstrakt von Wiederkäuern wie Rindern, Ziegen und Schafen freigesetzt werden. Weitere 10 Prozent lassen sich auf die Lagerung und Verarbeitung von Dung zurückführen. Zusammen machen diese Emissionen über 55 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen des Nahrungsmittelsektors aus – und das, obwohl die Viehwirtschaft nur 37 Prozent des Proteins und 18 Prozent der Kalorienversorgung der Weltbevölkerung bereitstellt.

Berechnungen aus dem Jahr 2018 von den Nichtregierungsorganisationen GRAIN und dem Institute for Agriculture and Trade Policy für die 35 weltgrößten Fleisch- und Milchunternehmen zeigen, dass die fünf großen Fleisch- und Milchkonzerne JBS, Tyson, Cargill, Dairy Farmers of America und Fonterra zusammen im Jahr mehr Emissionen verursachen, als die großen Ölkonzerne wie Exxon, Shell oder BP. 20 dieser Unternehmen sind zusammen für mehr Treibhausgasemissionen verantwortlich, als Deutschland oder Frankreich.

Konsum in Industrieländern muss reduziert werden

Um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen und die Ökosysteme der Welt zu schützen, muss der Konsum von Fleisch, Milch und Käse deutlich reduziert werden. Dies gilt vor allen Dingen in den Industrieländern – dort, wo die Menschen besonders viel konsumieren. Die Transformation hin zu einer stärker pflanzenbetonten Ernährung ist eine gewaltige Herausforderung. In keinem Industrieland der Welt ist bisher ein nennenswerter Rückgang des Konsums zu beobachten. So hat sich in Deutschland zwar der Fleischverzehr seit 1991 um sieben Prozent reduziert. Den klimawissenschaftlichen Empfehlungen zufolge sollten im Durchschnitt nur bis zu 15 Kilogramm pro Kopf und Jahr gegessen werden. Und nicht knapp 60 wie derzeit.

Fachgremien wie der Weltklima- und der Weltbiodiversitätsrat empfehlen deutlich stärkere Interventionen vonseiten der Politik, weil sie davon ausgehen, dass andernfalls derart weitreichende Umstellungen bei der Ernährung in der Breite der Bevölkerung nicht gelingen könnten. Bisher gibt es jedoch weltweit kein Land, das Reduktionsziele für den Fleischkonsum festgelegt hat und diese mit einer umfassenden Strategie verfolgt.

Um die Tierhaltung ökologischer zu gestalten, fordern Nichtregierungsorganisationen ein Bündel an Maßnahmen: da geht es zum einen um strengere Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser oder Ammoniak in der Luft, faire Löhne und Arbeitsbedingungen für all diejenigen, die heute zu prekären Bedingungen in den Schlachthöfen arbeiten, die Regulierung von Antibiotika in der Tierhaltung oder Regeln für Platz, Außenluft und Spielangebote für die Tiere. Eine grundlegende Forderung der Zivilgesellschaft ist, die Tierhaltung an die vorhandene Fläche zu binden. Ein landwirtschaftlicher Betrieb müsste also genug Flächen nachweisen, auf denen er seine Tiere ernähren und den Dung ausbringen kann. Nicht mehr als zwei Großvieheinheiten (GVE) sollten pro Hektar erlaubt sein, auf besonders mageren Standorten noch weniger. Eine Großvieheinheit entspricht einem Rind, etwa sechs Schweinen oder zehn Schafen.

Ziel müssen stabile und faire Preise sein

Strengere Gesetze verändern die Produktionskosten und verringern im besten Fall die Produktion. Ziel muss aber sein, dass die Bäuerinnen und Bauern über höhere Preise für eine bessere Qualität ihrer Produkte stabile und faire Preise erhalten. Das klappt nur, wenn die heimischen Produkte nicht durch billige Importe aus dem Ausland substituiert werden. Um das zu verhindern, müssen die politischen Interventionen auf Produktionsseite von politischen Instrumenten auf Konsument/innenseite begleitet werden. Eine Auswahl der möglichen Instrumente ist: Informationskampagnen über die Vorteile eines geringeren Fleischkonsums; Label, die über Tierwohl und Klimawirkung der Produkte aufklären; eine Anpassung der heute reduzierten Mehrwertsteuer für Fleisch von 7 auf 19 Prozent; Subventionen für Gemüse oder die Regulierungen für Billigangebote von Fleisch im Supermarkt.

All das greift aber nur, wenn es den politischen Willen zur Reduktion der Fleischproduktion gibt. Daran scheitern viele Bemühungen bis heute. Dabei hinkt die Politik den Entwicklungen hinterher: viele Bäuerinnen und Bauern unterstützen einen Umbau der Tierhaltung, wenn sie dann faire Preise für ihre Produkte bekommen. Eine Umfrage der Universität Göttingen zeigt: gerade junge Menschen in Deutschland wollen eine bessere Tierhaltung und sind durchaus bereit mehr für gutes Fleisch zu bezahlen.

Dieser Beitrag wurde in der Zeitschrift "Technik in Bayern" zuerst veröffentlicht.