Die Georgische Demokratie ist von lebenserhaltenden Maßnahmen abhängig

Kommentar

Die eskalierenden politischen Turbulenzen in Georgien markieren eine Krise der institutionellen Legitimität im Land. Dieses Demokratiedefizit birgt die Gefahr, dass das Land in eine autokratische Herrschaft hinein reitet und die schlechtesten Elemente seines nördlichen Nachbarn reproduziert.

Die eskalierenden politischen Turbulenzen in Georgien verdeutlichen eine Krise der institutionellen Legitimität im Land.

Am Donnerstag trat Giorgi Gakharia, der vierte Premierminister in acht Jahren Herrschaft des Parteienbündnisses Georgischer Traum (GD) abrupt zurück. Auslöser war der Plan der Staatsanwaltschaft, den Führer der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM) zu verhaften – UNM ist die mit Abstand größte Oppositionspartei im Land.

Sein Rücktritt scheint Spekulationen über Spannungen zwischen Gakharia und dem Gründer von Georgischer Traum, Bidzina Iwanischwili, in den letzten Monaten zu bestätigen.

Iwanischwili, der reichste Mann Georgiens und Gründer des Georgischen Traums, wird zu Recht verdächtigt, durch Loyalisten, die er in Schlüsselpositionen eingesetzt hat, noch immer eine enorme informelle Macht über die staatlichen Institutionen Georgiens zu besitzen. Dazu gehören der derzeitige Vorsitzende von GD, Irakli Kobakhidze, Innenminister Vakhtang Gomelauri und eine Gruppe von Richtern, die als "der Clan" bezeichnet werden und unter GD auf Lebenszeit in den Obersten Gerichtshof berufen wurden.

In den Stunden nach Gakharias brisanter Ankündigung wurde schnell klar, dass die anhaltende politische Krise des Landes nicht so schnell zu einem Ende kommen würde, da Kobakhidze weiterhin darauf bestand, dass die Regierung die Verhaftung von Nika Melia, dem neu ernannten Vorsitzenden der UNM, anstreben würde.

Während es einem Gericht obliegen sollte, zu entscheiden, ob Nika Melia das Gesetz gebrochen hat, erforderte die Inhaftierung des führenden Oppositionsführers fast 20 Monate nach seiner Anklage eine starke rechtliche Begründung, die die Staatsanwaltschaft nicht liefern konnte. Die Glaubwürdigkeit der Staatsanwaltschaft ist damit nur weiter aufs Spiel gesetzt, angesichts der nicht untersuchten Polizeiaktionen, bei denen während der Gewalt in der Nacht des 20. Juni etwa 275 Menschen verletzt wurden, darunter Journalist*innen.

Legitimationskrise

Im Vorfeld der Parlamentswahlen im Oktober hatte der Georgische Traum einige vielversprechende neue Akteure auf der Wahlliste, die versprachen, das Land auf eine EU-Beitrittskandidatur bis 2024 vorzubereiten.

Dies sowie die fortgesetzte Zusammenarbeit mit westlichen Ländern und Institutionen haben einen Schatten auf die zweifelhaften Behauptungen liberaler Oppositionsgruppen geworfen, Iwanischwili wolle das Land in ein russisches Lehen verwandeln.

Die Regierungspartei hat nicht verstanden, dass ihr alarmierender Mangel verpflichtend für die Gewaltenteilung einzutreten das Risiko birgt, Georgien in eine autokratische Herrschaft hineinzureiten, die seinen autoritären regionalen Nachbarn, einschließlich Russland, ähnelt.

Die Erfahrung von Giorgi Gakharia - der sich als relativ besonnener Pragmatiker entpuppte, trotz seines zuvor hetzerischen Tons gegenüber der UNM - sollte eine ernüchternde Erinnerung sein. Die politischen Führer müssen sich den institutionellen Unzulänglichkeiten des Landes stellen und dürfen sich nicht weiter mit den ausbleibenden Wahlerfolgen der Opposition zufriedengeben.

Insgesamt hat Gakharia gut auf die Pandemie reagiert, und die meisten Georgier haben dies durch den politischen Lärm hindurch verstanden. Aber Demokratie braucht viel mehr als einen geschickten Manager. Sie erfordert Transparenz und Respekt für abweichende Stimmen außerhalb der Regierung - besonders während einer Krise.

Der Georgische Traum wurde im Oktober für weitere vier Jahre an der Macht gehalten, trotz und nicht wegen ihrer unscheinbaren Bilanz bei der Reformierung der Wahl-, Justiz- und Sicherheitsstrukturen des Landes.

Die jüngste Ankündigung der Partei, Irakli Gharibaschwili, einen Hardliner und Iwanischwili-Vertrauten, als Gakharias Nachfolger aufzustellen, ist nur ein Rezept für weitere Polarisierung.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass er selbst diejenigen, die im Oktober ihre Gesundheit riskiert haben, zu einem Vertrauensvotum für Bidzina Iwanischwili und die Partei von Giorgi Gakharia inspirieren wird. Zumal es für die repräsentative Demokratie zutiefst abnormal ist, dass beide - der Parteivorsitzende und derjenige, der die Wahlliste anführte - so kurz nach ihrem Sieg von der Bildfläche verschwunden sind (zumindest offiziell).

Das ist die Definition einer Legitimationskrise

Was die Menschen in Georgien jetzt brauchen, ist, dass dieser Zirkus endlich vorbei ist. Sie brauchen Impfstoffe und direkte Hilfe, um den Mangel an Einkommen zu beheben, nicht weitere Monate politischer Effekthascherei.

Was auch immer der Georgische Traum in den kommenden Tagen und Wochen tun wird, Georgiens internationale Partner könnten sich dafür einsetzen, dass die Verhandlungen zwischen den rivalisierenden Seiten sofort wieder aufgenommen und die Wahlreformen endlich ordnungsgemäß durchgeführt werden.

Aber unter den gegenwärtigen Umständen könnte eine Ablehnung des neuen Kabinetts im Parlament, die den Weg für vorgezogene Neuwahlen ebnet, der einzig vernünftige Ausweg aus der Pattsituation sein.

Der Artikel erschien zuerst auf Open Caucasus Media am 18.02.2021

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Hinweis:

Zum Thema wurde Stefan Meister, Büroleiter Regionalbüro Südkaukasus HBS in Zeit online zitiert: