Die Grüne Liga / Netzwerk ökologischer Bewegungen

Hintergund

Die Grüne Liga feiert dieses Jahr ihren 30. Geburstag. Anlässlich dieses Jubiläums gehen wir noch einmal zu den Anfängen des Verbandes zurück.

Einladung: Grüne Liga zum Gründungskongress, 03.02.1990«

Dieser Text wurde zuerst in der "Berliner Archivrundschau" veröffentlicht.

3. Februar 1990, Klubhaus des VEB Chemiekombinats BUNA in Schkopau: Die Grüne Liga lädt zu ihrer offiziellen Gründungsversammlung ein und zwar an einen Ort, der sich im ökologischen Katastrophengebiet Halle/Bitterfeld befindet und zu einer Zeit, in der die DDR zusammenbricht.

Ende 1989/Anfang 1990 loten alle politisch Aktiven in der DDR, unter ihnen auch die unterschiedlichen Gruppen der Umweltbewegungen, unter großem Druck ihr Selbstverständnis und ihre strategischen Optionen aus: Willenserklärungen, Resolutionen, Gründungsaufrufe und –initiativen folgen ab Oktober 1989 rasch aufeinander. Im Ergebnis entscheiden sich die Umweltbewegungen für eine Art Arbeitsteilung zwischen einer auf parlamentarische Arbeit orientierten Grünen Partei in der DDR und einem Verband, der Grünen Liga, die als Netzwerk ökologischer Bewegungen bis heute in den ostdeutschen Bundesländern aktiv ist und sich gegenüber den bundesweit agierenden großen Natur- und Umweltschutzverbänden wie BUND und NABU behauptet.

Die Grüne Liga feiert im nächsten Jahr ihren 30. Geburtstag. Sie hat ihren Charakter als nicht-hierarchisches Netzwerk ökologischer Gruppen und Initiativen bewahren können, das vom Engagement der zumeist unentgeltlich arbeitenden Aktiven vor Ort lebt.[1]

Die Grüne Liga ist heute ein gemeinnütziger Verein, der nach dem Bundesnaturschutzgesetz anerkannt ist und damit Zugang zu öffentlichen Mitteln und zur Beteiligung an politischen Verfahren und Gesetzgebungsprozessen im Umwelt- und Naturschutz hat.

Zu den Beständen der Grünen Liga

Charakteristisch sind die praktischen Umweltschutzaktivitäten vor Ort, für die die Grüne Liga z. T. öffentliche Mittel einsetzt. Die Bundesgeschäftsstelle in Berlin spielt lediglich für die Vernetzung und einige Fachgruppen, die hier angesiedelt sind, eine wichtige Rolle.

Die Bestände der Bundesgeschäftsstelle, der Grünen Liga Berlin und Mecklenburg-Vorpommern im Archiv Grünes Gedächtnis bilden diese Struktur und Arbeitsweise ab.

Aus der zentralen Geschäftsstelle in Berlin sind v.a. die Unterlagen zu den Bundesdelegierten- und Mitgliederversammlungen, den Kongressen, Regionalkonferenzen, Regionalkoordinator*innentreffen und die Vorstandsunterlagen aus der Zeit von 1991 bis 2003 überliefert. Dazu kommen u.a. die Akten der Bundeskontaktstelle Internationale Arbeit und eine umfangreiche Pressedokumentation mit Medienberichten über die Grüne Liga und Pressemitteilungen, Artikeln und Interviews der Grünen Liga selbst.

Charakteristisch für den Bestand des Landesverbandes Berlin aus der Zeit von 1990 bis 2010 sind neben den Unterlagen des Vorstandes und des Landessprecher*innenrates die vielen einzelnen Projekte und Kampagnen, die die Ligist*innen durchgeführt haben: z.B. Projekte zur Höfebegrünung in Berlin, die Beteiligung am Klimaforum, das aus Anlass der UN-Klimagipfels 1995 in Berlin von einem Netzwerk von Umweltgruppen durchgeführt wurde, oder die Beteiligung am Aktionsbündnis gegen den Havelausbau.

Der Bestand des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern aus der Zeit von 1990 bis 2001 enthält Unterlagen der Landesgeschäftsstelle und die Aktenabgabe von Klaus Schlüter, der von der Gründung der Grünen Liga 1990 sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch auf Bundesebene bis 2011 eine führende Rolle spielte. Dieser Bestand ist also stark geprägt von seiner persönlichen Arbeits- und Ordnungsweise. Die Arbeit der Geschäftsstelle, die Unterlagen des Landesvorstands, der Mitglieder- und Delegiertentreffen, die Beteiligung an Aktivitäten wie die gegen die Autobahn A 20 oder für die Einrichtung von Naturschutzgebieten sind überliefert.

Weitere Bestände von Akteur*innen und Initiativen aus der Zeit der Friedlichen Revolution

Im Archiv Grünes Gedächtnis befinden sich weitere Bestände von Personen, Gruppen und Parteien aus den Bürger*innen- und Umweltbewegungen der DDR, die den politischen Umbruch in der DDR aktiv mitgestaltet haben. Die Bestände sind unterschiedlich umfangreich. Bei einigen handelt es sich lediglich um Bestandssplitter. Einige sind Quellensammlungen, die mit den heutigen Verbänden von Bündnis 90/Die Grünen ins Archiv gekommen sind.

In den Sammlungen des Archivs sind v.a. Plakate, in der Bibliothek Veröffentlichungen und Zeitschriften aus der Umweltbewegung der DDR, von der Grünen Liga, ihrer regionalen Verbände und Fachgruppen.

Einladung zum Gründungskongress der Grünen Liga 1990
Abdruck Einladung / Quellennachweis: Archiv Grünes Gedächtnis, E.22 Grüne Liga, Sig. 21

Liste der Bestände

Berliner Büro der Grünen in Berlin; Bündnis 90/Grüne, Volkskammerfraktion; Demokratie jetzt; Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg, enthält auch Unterlagen der Vorläuferorganisationen Demokratie Jetzt und Neues Forum; Bündnis 90/Die Grünen Mecklenburg-Vorpommern, enthält auch Unterlagen der Vorläuferorganisationen Demokratie Jetzt und Neues Forum; Bündnis 90/Die Grünen Thüringen, enthält auch Unterlagen der Vorläuferorganisationen Neues Forum, Grüne Partei, Demokratie Jetzt.

Kuratorium für einen demokratisch verfassten Bund deutscher Ländern. Diese Initiative erarbeitete einen Verfassungsentwurf, der als Alternative zum Anschluss der DDR nach Artikel 23 des Grundgesetzes gedacht war. Dieser Entwurf sah die Verabschiedung einer neuen Verfassung durch das gesamte deutsche Volk nach Artikel 146 des Grundgesetzes vor.

Liste der Bestandssplitter

Bündnis 90 - Sprecherrat/Geschäftsstelle; Grüne Partei in der DDR; Initiative Frieden und Menschenrechte; Grüne Partei in der DDR, Landesverband Berlin; Demokratie Jetzt, Landesverband Berlin; Listenvereinigung Bündnis 90/Grüne/UFV, Landesverband Berlin; Bündnis 90, Landesverband Berlin.[2]

Liste der Bestände von Personen

In den persönlichen Beständen von Rudolf Bahro, Torsten Ehrke, Friedrich Heilmann, Jens Jeschke, Steffi Lemke, Vera Lengsfeld, Erhard O. Müller, Andreas Passarge (Arche Netzwerk), Gerd Poppe, Werner Schulz, Wolfgang Ullmann, Reinhard Weißhuhn und Christiane Ziller finden sich ebenfalls historische Dokumente aus der Zeit der friedlichen Revolution und der deutsch-deutschen Vereinigung.

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Literatur

Das Archiv Grünes Gedächtnis gibt seit 1997 regelmäßig Jahrbücher heraus, in denen sich zahlreiche interessante Beiträge zur Geschichte und den Beständen der ostdeutschen Bürger*innen- und Umweltbewegungen finden, so z.B. der Aufsatz von Carlo Jordan, Greenway – das osteuropäische grüne Netzwerk (1985-1990) im Jahrbuch 2010.

https://www.boell.de/de/stiftung/archiv-gruenes-gedaechtnis


[1] Vgl. v.a. Anne Hampele, Dem Aufschwung Ost ökologisch auf die Beine helfen. Die Grüne Liga, ein Beispiel erfolgreicher ostdeutscher Selbstbehauptung, in: Deutschland Archiv, Heft 2/ 1997; Helmut Müller-Enbergs, Marianne Schulz, Jan Wielgohs (Hg.), Von der Illegalität ins Parlament. Werdegang und Konzepte der neuen Bürgerbewegungen, 1992; Frank Uekötter, Deutschland in Grün. Eine zwiespältige Erfolgsgeschichte, 2015.

[2] Bestandsumfänge reichen von 0,04 bis 0,7 laufenden Metern.


Berliner Archivrundschau