Ermittlungen gegen Netzpolitik.org wegen Landesverrat: Spiegel-Affäre 2.0?

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Markus Beckedahl und Andre Meister, links mit der Bundesregierungsurkunde "Ausgezeichneter Ort", rechts mit dem Schreiben des Generalbundesanwaltes

Erstmals seit Jahrzehnten und mehr als 50 Jahre nach der Spiegel-Affäre von 1962 wird in Deutschland wieder wegen Landesverrat gegen Journalisten ermittelt. Der Generalbundesanwalt hat heute das Blog Netzpolitik.org über die Ermittlungen gegen Andre Meister und Markus Beckedahl informiert.
 
Die Ermittlungen gegen eines der bekanntesten Blogs Deutschlands beruhen laut Medienberichten auf zwei Anzeigen des Verfassungsschutz-Chefs Hans-Georg Maaßen. Netzpolitik.org hatte interne Dokumente des Verfassungsschutzes veröffentlicht, analysiert und bewertet. In den Dokumenten ging es um Internetmassenüberwachung und die Gründung eines geheimen Referates zur Internetüberwachung.

Die Journalisten von Netzpolitik.org bewerten in einem Blogbeitrag die Ermittlungen gegen sie als Angriff auf die Pressefreiheit sowie als Einschüchterungsversuch gegen ihre journalistische Arbeit und ihre Quellen.

Dass Journalisten unter dem Vorwurf von Landesverrat ins Visier geraten, ist kein normaler Vorgang. Es ist absolut unüblich und kam mit gutem Grund mehr als ein halbes Jahrhundert nicht vor. Normalerweise werden Journalisten in solchen Fällen als Zeugen und nicht als Beschuldigte gehört. Insofern könne man die Ermittlungen des Generalbundesanwaltes als politisch lesen, twittert der Berliner Richter Ulf Buermeyer.

Doch in diesem Fall richten sich die Ermittlungen sowohl gegen die Informanten, wie auch gegen die Journalisten. Und damit gegen die freie Berichterstattung.

Würde sich eine solche Praxis durchsetzen, wäre eine freie Information der Öffentlichkeit über die Presse nur noch eingeschränkt möglich. Berichterstattung über geheime Dokumente von öffentlichem Interesse würden zu einem unkalkulierbaren Risiko für Journalisten und Medien. Seit der Spiegel-Affäre war es Praxis in der Bundesrepublik, die Kollission von Geheimhaltungsinteresse des Staates und dem Grundrecht auf Pressefreiheit juristisch zugunsten der Pressefreiheit zu bewerten.

So gesehen sind die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org ein Frontalangriff auf die Pressefreiheit.

 

Update

Den weiteren Verlauf der Netzpolitik-Affäre hat Correctiv zusammen mit einem Blog als interaktive Zeitleiste veröffentlicht: